Donnerstag, 1. März 2012

Das OLG Stuttgart und § 40 GBO

Anlass für diesen Beitrag ist ein Beschluss des OLG Stuttgart vom 25.11.2011 - 8 W 427/11. Darin ging es um die sogenannte Voreintragung des Berechtigten im Grundbuchrecht. § 39 I GBO ordnet an, dass derjenige, der ein Recht an einem Grundstück überträgt, vorher im Grundbuch stehen muss. Will also zum Beispiel jemand das Eigentum an einem Grundstück übertragen, muss er als Eigentümer eingetragen sein. Eine Ausnahme ist in § 40 I GBO vorgesehen, wenn der Berechtigte stirbt und die Erben das Recht übertragen. Dann wäre es eine überflüssige Förmelei, wenn erst die Erben eingetragen werden müssten.

Im Fall des OLG Stuttgart hatte die Berechtigte eine Vollmacht erteilt und war danach gestorben. Die Bevollmächtigte übertrug (vereinfacht) einen Miteigentumsanteil am Grundstück. In dieser Konstellation ist es anerkannt, dass der Bevollmächtigte die Erben vertritt. Es ist daher nicht erforderlich, dass die Erben ermittelt werden - es sei denn der unglückliche Bürger muss im Bezirk des OLG Stuttgart sein Recht suchen. Dieses war im Beschluss vom 25.11.2011 der Auffassung, es müssten zunächst die Erben eingetragen werden. Das ist eine Fehlentscheidung.

Das schlimme ist, dass das OLG Stuttgart im Ansatz alle Voraussetzungen richtig feststellt und trotzdem zum falschen Ergebnis gelangt. Das OLG Stuttgart stellt zutreffend fest:
  • Der Bevollmächtigte vertritt die Erben des Vollmachtgebers (Rn. 15)
  • Das Grundbuchamt hat nicht willkürlich und ohne Anhaltspunkte zu prüfen, ob die Vollmacht widerrufen wurde (Rn. 18) oder ob ein Vollmachtsmissbrauch vorliegt (Rn. 19)
  • Die Erben waren unbekannt, es gab keine Hinweise auf einen Vollmachtswiderruf oder einen Vollmachtsmissbrauch (Rn. 21)
Damit lag der klassische Anwendungsfall des § 40 I GBO vor. Das OLG Stuttgart verfällt in eine Pseudobegründung. Es könne dem Bevollmächtigten nicht zugute kommen, dass die Erben unbekannt seien und keine Einwendungen erheben könnten. Warum denn nicht? Es steht doch so im Gesetz (§ 40 I GBO)! Die Erben können im Innenverhältnis Regress üben, wenn der Bevollmächtigte seine Befugnisse überschreitet. Hier lag die Handlung des Bevollnmächtigten aber vermutlich im Interesse der Erben, die dadurch hätten Kosten sparen können. Der Fall ist übrigens noch nicht ganz zu Ende. Die nun entstehenden Mehrkosten können sich die Beteiligten im Wege der Amtshaftung zurückholen.

Ergänzung (19.07.2012):
Das OLG Dresden  hat in seinem Beschluss vom 12.04.2011 - 17 W 1272/10, 17 W 1273/10 - entschieden, dass eine Voreintragung der Erben für eine Grundbuchberichtigung mittels einer transmortalen Vollmacht nicht erforderlich ist.

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