Mittwoch, 18. Mai 2016

OLG Frankfurt veralbert Beteiligte, indem es stillschweigende Kostenentscheidung unterstellt

Wenn ein Beschluss in einem Erbscheinsverfahren keine Kostenentscheidung enthält, ist eine Ergänzung des Beschlusses nach § 43 Abs. 1 FamFG unzulässig, selbst wenn
  • im Beschluss weder im Tenor, noch in der Begründung etwas zu den Kosten steht und
  • der Nachlassrichter die Ergänzung des Beschlusses auf den Antrag hin vornimmt, weil er davon ausgeht, dass er die Kostenentscheidung vergessen hat, 
weil dann einfach unterstellt werden muss, dass das Nachlassgericht trotzdem eine stillschweigende Kostenentscheidung treffen wollte, die eben nur mit der Beschwerde (§ 58 Abs. 1 FamfG) angegriffen werden kann und nicht mit dem Antrag nach § 43 Abs. 1 FamFG (OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.03.2016 - 21 W 15/16).

Wenn ich solche Entscheidungen lese, dann verliere ich das Vertrauen in die deutsche Justiz. Zunächst möchte ich aus der Begründung des OLG Frankfurt zitieren:
 "Der Beschluss enthält jedoch eine Kostenentscheidung. Sie ist lediglich - obgleich dies wünschenswert gewesen wäre - nicht ausdrücklich getroffen und begründet worden. Enthält nämlich - wie vorliegend - eine Entscheidung weder im Tenor noch in den Gründen einen ausdrücklichen Kostenausspruch, liegt darin in der Regel die nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG im Ermessen des Gerichts liegende, stillschweigende Entscheidung, dass die gesetzlich normierten Kostenregelungen Anwendung finden sollen und keine Erstattung der außergerichtlichen Kosten stattfindet "
"Ein unvoreingenommener Empfänger der Entscheidung würde ausgehend von der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur, die Entscheidung so verstehen, dass dem Normalfall entsprechend bewusst von einer Kostenentscheidung abgesehen wurde."
Abgesehen davon, dass der Nachlassrichter seine eigene Entscheidung nicht so verstanden hat, ist das abwegig. Wenn ein Beschluss keine Kostenentscheidung enthält und auch sonst nichts dazu in der Begründung steht, dann hat der Nachlassrichter das eben vergessen und nicht stillschweigend (falsch) entschieden. Für mich ist diese Entscheidung reine Willkür. Es wird eine stillschweigende Kostenentscheidung unterstellt, die es nicht gab. Zum Beteiligten wird dann eben gesagt: "Ätsch bätsch, Du hast den falschen Rechtsbehelf benutzt."

Das OLG Frankfurt ging der Frage nach, ob nicht wenigstens die Meistbegünstigungstheorie greift, wonach bei einer falsch bezeichneten Entscheidung sowohl das richtige Rechtsmittel zulässig ist, als auch das Rechtsmittel, das gegen die Entscheidung zulässig wäre, die fälschlicherweise genannt wurde. Das wäre eine Lösung, die dem Gedanken effektiven Rechtsschutzes Geltung verleihen würde. Denkbar wäre es auch, den Ergänzungsantrag als Beschwerde auszulegen. Aber auch das gewährte das OLG Frankfurt dem Beteiligten nicht. Es ergebe sich nicht der Wille, die stillschweigende Kostenentscheidung anzufechten, von der der Beteiligte ja nichts wusste.

Was lehrt uns dieser Beschluss? Jeder Antrag auf Ergänzung des Beschlusses wegen einer fehlenden Kostenentscheidung muss zugleich hilfsweise als Beschwerde bezeichnet werden.

Ergänzung (26.08.2016): Das OLG Hamm (Beschluss vom 03.02.2016 - 15 W 579/15, ZV 2016, 454) legte einen Antrag auf Nachholung der Kostenentscheidung als Beschwerde aus, der das Nachlassgericht abhelfen kann. Dabei dürfte es sich um eine zutreffendere Lösung handeln als das Vorgehen des OLG Frankfurt.



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