tag:blogger.com,1999:blog-51455366825647829332024-03-13T19:39:48.910+01:00Erbrechtsblog PapenmeierErbrechtsblog von Rechtsanwalt Dr. Thomas Papenmeier - Fachanwalt für Erbrecht - Erbrechtskanzlei Papenmeier, Altchemnitzer Straße 16, 09120 Chemnitz - 0371-28269079Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.comBlogger244125tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-88312174510041490692024-02-27T13:34:00.000+01:002024-02-27T13:34:01.796+01:00Änderungen beim Verbraucherpreisindex ändern Ergebnisse im Erbrecht<p>Das statistische Bundesamt gibt Tabellen zum Verbraucherpreisindex heraus, die wir für die sogenannte Indexierung benötigen ( <a href="https://www.erbrecht-papenmeier.de/ratgeber/indexierung.php">https://www.erbrecht-papenmeier.de/ratgeber/indexierung.php</a> ). Dabei geht es darum, dass der Geldwertverfall herausgerechnet wird, wenn wir unseren Berechnungen Werte zugrunde legen.</p><p>Die bisherige Berichtsform wurde eingestellt und in anderer Form fortgesetzt ( <a href="https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Preise/Verbraucherpreisindex/Publikationen/Downloads-Verbraucherpreise/verbraucherpreisindex-lange-reihen-pdf-5611103.html">https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Preise/Verbraucherpreisindex/Publikationen/Downloads-Verbraucherpreise/verbraucherpreisindex-lange-reihen-pdf-5611103.html</a> ). Da ist noch nicht das Problem. Was aber unverständlich, wissenschaftlich unvernünftig und einfach nur ärgerlich ist, ist die Tasache, dass das statistische Bundesamt regelmäßig das Bezugsjahr ändert, auf das sich die Zahlen beziehen (zuletzt 2015 = 100, jetzt 2020 = 100). Dadurch ergeben sich rundungsbedingte Abweichungen. Dies wiederum führt dazu, dass alle Berechnungen aus der Vergangenheit falsch sind, wenn wir die neuen Zahlen zugrunde legen. Dabei kann sich bei einer Schenkung von 100.000 € eine Differenz von 100 € und mehr ergeben. </p><p>Richtig wäre es, dass ein Bezugsjahr als 100 gesetzt wird und dies dann immer so bleibt. Dann werden zwar die Zahlen immer höher, aber das ist kein Problem. Stattdessen wird Zahlenkosmetik betrieben, wodurch zusätzliche Rechtsunsicherheit entsteht.<br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-22406002098128722372024-02-01T14:30:00.002+01:002024-02-01T14:30:23.135+01:00OLG Oldenburg: Was ist "Barvermögen"?<p>Das OLG Oldenburg (Beschluss vom 20.12.2023 - 3 U 8/23) musste sich mit einem Vermächtnis über 1/3 des Barvermögens befassen. Die Frage ist: Was ist "Barvermögen"? Bargeld, Konten, Aktien, andere tolle Anlageformen? Dazu kommt es auf das Verständnis des Erblassers an. Dieses konnte aber nicht ermittelt werden.</p><p>Also greift der Jurist hilfsweise auf das allgemeine Wortverständnis zurück. Dieses besteht nach Ansicht des OLG Oldenburg darin, dass Barvermögen das Bargeld und alle "bei Banken befindlichen sofort verfügbaren Gelder" umfasst, nicht aber Wertpapiere. Wenn jemand auch die Wertpapiere meine, dann verwende er den Begriff "Kapitalvermögen". (Den verwendet in meinem Wahrnehmungsberich allerdings niemand.)</p><p>Was ist davon zu halten? Kann sein, muss nicht sein. Die Kritik besteht darin, dass das Gericht seine Überzeugung scheinbar nur aus seinem eigenen persönlichen Anschauungskreis bezieht, ohne auf sprachwissenschaftliche Erkenntnisse zurückzugreifen.</p><p>In der Testamentsgestaltung müssen Begriffe wie Barvermögen oder Geldvermögen immer näher erläutert werden. <br /></p><p><br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-46468348596663872472023-12-06T11:22:00.000+01:002023-12-06T11:22:16.577+01:00OLG Celle: Kein quotenloser Erbschein bei eindeutigen Erbquoten - und das fast ohne Begründung<p>Beim OLG Celle gibt es keinen quotenlosen Erbschein, wenn die Erbquoten eindeutig sind (OLG Celle, Beschluss vom 24.10.2023 - 6 W 116/23). Ob das so richtig ist, ist zweifelhaft.</p><p>Im Ausgangspunkt gilt § 352a Absatz 2 FamFG für dem Erbscheinsantrag:</p><p></p><blockquote>"(2) In dem Antrag sind die Erben und ihre Erbteile anzugeben. Die Angabe der Erbteile ist nicht erforderlich, wenn alle Antragsteller in dem Antrag auf die Aufnahme der Erbteile in den Erbschein verzichten."</blockquote><p></p><p>Diese Vorschrift hat zu dem Streit geführt, ob nur die Antragsteller auf die Angabe der Erbquoten verzichten müssen (was ja dort steht) oder alle Erben.</p><p>Das OLG Celle setzt jetzt noch einen drauf:</p><p></p><blockquote>"1. Der Gesetzgeber hat die Ausnahmevorschrift des § 352a Abs. 2 Satz 2 FamFG, wonach 'die Angabe der Erbteile … nicht erforderlich (ist), wenn alle Antragsteller in dem Antrag auf die Aufnahme der Erbteile in den Erbschein verzichten', geschaffen, um eine einfache Erteilung eines Erbscheins zu ermöglichen, wenn die Bestimmung der Erbquoten mit weiterem Aufwand verbunden ist.<br />2. Diese Regelung findet nach ihrem Sinn und Zweck keine Anwendung, wenn der Erblasser eindeutige und zweifelsfreie Bestimmungen zu den Erbquoten getroffen hat, die ohne weiteres in den Erbscheinsantrag übernommen werden können, und kein Grund vorliegt, von der Angabe der Erbquote abzusehen."</blockquote><p></p><p>Das war's. Mit diesen wenigen Zeilen will das OLG Celle begründen, warum eine vom Wortlaut her eindeutige gesetzliche Regelung nicht gelten soll. Das OLG Celle hat noch nicht einmal eine Fundstelle für den angeblichen Willen des Gesetzgebers angegeben. Schade ist so etwas immer für den Beschwerdeführer, der für eine ganze Leistung bezahlt, aber eine unvollständige Leistung erhält - und dann auch noch eine falsche.<br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-89994799063018020812023-12-01T13:51:00.000+01:002023-12-01T13:51:16.828+01:00Wert eines Erbteils mit 30% Abschlag? Fehlentscheidung des OLG Hamm vom 09.03.2023<p>Ist ein hälftiger Erbteil weniger Wert als die Hälfte der Nachlassgegenstände? Da ist eine Frage, auf die man erst einmal kommen muss. In vielen Fällen wird ganz selbstverständlich die Hälfte angesetzt.</p><p>Im Fall des OLG Hamm (Urteil vom 09.03.2023 - 10 U 25/22) war der Vater gestorben und ein Sohn machte seinen Pflichtteilsanspruch geltend. Im Nachlass des Vaters befand sich ein hälftiger Miteigentumsanteil an einer Immobilie. Die andere Immobilie hatte der Mutter gehört. Diese war vorher verstorben und vom Vater gesetzlich zu 1/2 und zwei Kindern zu je 1/4 beerbt worden. Die Immobilie war 340.000 € wert. Für die Pflichtteilsberechnung hätte man also 255.000 € ansetzen können (170.000 € Miteigentum und 85.000 € Anteil an der anderen Hälfte). So läuft das beim OLG Hamm aber nicht. Dort ist der Miteigentumsanteil nur 144.500 € wert (15% Abschlag). Der Erbteil ist sogar nur 59.500 € wert (30% Abschlag). Wie ist das möglich?</p><p>Unter Juristen ist schon länger umstritten, ob mehrere Anteile weniger wert sein können als das Ganze. Als Grund dafür wird angefürht, dass es Streit zwischen den verschiedenen Eigentümern geben kann, der zu weiteren Kosten oder Verlusten bei der Verwertung führt. Der BGH hat bisher nur entschieden, dass er das nicht mitmacht, wenn die Ehefrau die andere Hälfte von ihrem Mann erbt und somit Alleineigentümerin ist. Alle anderen Fälle sind offen.</p><p>Unabhängig davon, wie dieser Streit einmal ausgehen könnte, ist die Begründung des OLG Hamm in jedem Fall falsch. Dort heißt es:</p><p></p><blockquote>"Diesen Abschlag von nur 15 % hält der Senat indessen für zu gering. Rechtliche Hindernisse für eine Verwertbarkeit durch Übertragung des Erbteils im Wege des Erbschaftsverkaufs bestehen zwar nicht. Davon zu unterscheiden sind jedoch die tatsächlichen Verwertungsmöglichkeiten, d.h. wie die konkreten Möglichkeiten der Veräußerung eines Erbteils, der im Wesentlichen aus einem entsprechenden Anteil am Hausgrundstück besteht, einzuschätzen sind."</blockquote>und an anderer Stelle:<p></p><blockquote><p>"Die verbreitete Auffassung, der Erbschaftskauf an Dritte habe keine praktische Bedeutung (vgl. jurisPK-BGB/Hau § 2371 Rn. 8.; Münch-Komm-Musielak, BGB, § 2371 Rn. 15), trifft nach Einschätzung des Senats im vorliegenden Fall zu und spricht für die Vornahme eines erheblichen Abschlags."<br /></p></blockquote><p>Wo liegt der Fehler? Die Verwertung eines Erbteils erfolgt typischerweise nicht durch Verkauf des Erbteils, sondern durch die Erbauseinandersetzung. Es ist daher falsch, wenn man danach fragt, für welchen Preis man den Erbteil wohl verkaufen könnte. Vielmehr hätte das OLG Hamm danach fragen müssen, welcher Erlös im Rahmen der Erbauseinandersetzung und Auseinandersetzung der Miteigentümergemeinschaft erzielt worden wäre. In den meisten Fällen wird das Hausgrundstück gemeinsam verkauft und der Erlös verteilt. Es bleiben dann keine 15% oder 30% übrig, die jemand anderes erhält. Daher hätte das OLG Hamm schon konkret begründen müssen, wieso dies hier anders sein soll - etwa weil es in jedem Fall eine Versteigerung gibt, die mit weiteren Kosten verbunden ist und ggf. nicht den Verkehrswert erzielt (was aber auch nicht immer der Fall ist).</p><p>Damit haben wir wieder eine Entscheidung, die doppelt bitter ist, zum einen für den Kläger, der verloren hat und zum anderen weil es weitere Gerichte geben wird, die das gedankenlos abschreiben.<br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-23674283982630478742023-11-23T08:43:00.002+01:002023-12-06T08:46:35.602+01:00Notarielles Nachlassverzeichnis - Notare wollen oder können nicht mehr<p>Ich habe noch keinen Notar getroffen, der gern ein notarielles Nachlassverzeichnis aufnimmt. Viele akzeptieren diese Pflicht aber und erfüllen sie, wenn auch meist nicht ganz so schnell. Und dann erhalte ich in letzter Zeit von allen Seiten Schriftstücke, die es nahelegen, dass viele Notare einfach keine Nachlassverzeichnisse mehr aufnehmen. Einige davon möchte ich hier teilen. Ich habe die Schreiben zeitlich sortiert.<span></span></p><a name='more'></a><p>Am 15.05.2023 erhielt ich das folgende Schreiben einer Kollegin:</p><p></p><blockquote>Meine Mandanten haben sich ausgiebig bemüht, einen Notartermin vor <br />Ort oder in der Gegend zu erhalten. Herr ... hat zuletzt am 12.05.2023 mit Notar ... telefoniert, der ihm mitgeteilt hat, dass er wohl auch bei den anderen Notaren in der Region keinen Erfolg zur Vereinbarung eines solchen Termines haben wird. Die Notare sind alle überlastet und nehmen einen solchen Auftrag nicht an. <br />Insofern schlagen wir vor, dass Ihre Mandantin sich entweder um einen Notar bemüht und uns einen entsprechenden Notartermin vorschlägt oder dass sie Einsicht in die Unterlagen in unserer Kanzlei nimmt oder dass sie konkret ausführt, welche Unterlagen sie noch haben möchte. </blockquote><p>Auf meine Weigerung, dies zu akzeptieren, fand die Kollegin immerhin eine Notarin und schrieb:</p><p></p><blockquote>Wie ich Ihnen bereits mit Schreiben vom 15.05.2023 mitteilte, sind derzeit alle Notare in der Region überlastet. Gemäß beigeschlossener Mitteilung der Notarin ... ist demnach eine Bearbeitung erst ab dem 4. Quartal 2023 möglich.<br />Gegebenenfalls kennen Sie doch einen Notar, der sich der Sache annehmen würde und früher einen Termin hätte. </blockquote>Ich nahm dies zum Anlass, am 07.06.2023 an die Sächsische Notarkammer zu schreiben:<p></p><p></p><blockquote>Überlastung aller Notare?<br />Sehr geehrte Damen und Herren,<br />anbei übersende ich Ihnen mit Zustimmung meiner Mandantin ein Schreiben aus einer Pflichtteilsangelegenheit. Danach sollten alle Notare in der Region überlastet sein. Ich bitte hierzu um Stellungnahme und ggf. Bestellung weiterer Notare.<br />Mit freundlichen Grüßen</blockquote>Die Sächsische Notarkammer antwortete am 19.06.2023:<p></p><p></p><blockquote><p>Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Dr. Papenmeier, <br /><br />in vorbezeichneter Angelegenheit bestätigen wir den Eingang Ihres <br />Schreibens vom 07.06.2023. <br /><br />Zunächst möchten wir darauf hinweisen, dass die Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses mit erheblichem Aufwand verbunden ist. <br />Daher ist selbst in einfach gelagerten Fällen ein zeitlicher Vorlauf von drei bis vier Monaten rechtlich nicht zu bestanden; im Regelfall ist sogar eine deutlich längere Bearbeitungsdauer zu gewähren (vgl. Weidlich in Grüneberg, BGB, 82. Aufl. 2023, § 2314 Rn. 7 m.w.N.). Soweit Frau Notarin ... eine Bearbeitung ab dem 4. Quartal 2023 angekündigt hat, erscheint vor diesem Hintergrund eine rechtzeitige Erledigung durchaus möglich. Aus der uns übermittelten Korrespondenz ist insbesondere nicht ersichtlich, dass Frau Notarin ... eine Bearbeitung abgelehnt hat. <br /><br />Sofern von einer Mandatierung von Frau Notarin ... dennoch abgesehen werden soll, steht es Ihnen bzw. den auskunftsverpflichteten Erben frei, einen der nachfolgend benannten, weiteren Notare mit Amtssitz im Amtsgerichtsbezirk ... zu beauftragen. Aus den eingereichten Unterlagen ist insoweit nicht ersichtlich, inwieweit überhaupt weitere Notare angefragt worden sind. <br /><br />Ihren Amtssitz im Amtsgerichtsbezirk ... haben [Liste der Notare]</p><p>Zuletzt möchten wir Sie darauf hinweisen, dass prinzipiell auch die Aufnahme durch einen <br />ortsfremden Notar in Frage kommt. Voraussetzung hierfür ist, dass ein Vor-Ort-Termin in <br />... entbehrlich ist, entweder weil sich dort kein Nachlass des Erblassers befindet oder aber die Pflichtteilsberechtigten auf eine solche Aufnahme verzichten. </p></blockquote><p></p><p></p><p>Eine sächsische Notarin schrieb ihrer Mandantin am 30.08.2023:</p><blockquote>Unterlagen vom heutigen Tag<br /><br />Sehr geehrte Frau ...,<br />mit liegen Ihre Unterlagen vor.<br />Nach Prüfung des Vorgangs und reiflicher Überlegung lehne ich den Auftrag hiermit ab.<br />Aufgrund geringer Mitarbeiterkapazität kann ich den Vorgang derzeit weder zeitnah noch korrekt bearbeiten.<br />Ich sende Ihnen Ihre Unterlagen zu meiner Entlastung wieder zurück.<br /><br />Mit freundlichen Grüßen.<br /><br />Notarin</blockquote><p>Am 26.10.2023 schrieb ein sächsischer Notar einem Kollegen:</p><blockquote><p>Sehr geehrter Herr Kollege ...,<br />im Zusammenhang mit Ihren Schreiben vom 6.10.2023 muss ich leider mitteilen, dass mit dem Beginn der Recherchen zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses aufgrund der sehr angespannten büropersonellen und terminlichen Situation in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.<br />Da bereits ein Nachlassverzeichnis in dieser Sache durch Frau Kollegin ... errichtet wurde und im dortigen Notariat somit eine gewisser Grundstock. an Informationen zu dem Vorgang vorhanden sein sollte, erschließt es sich dem Unterzeichner nicht ohne weiteres, warum nicht ein Nachtrag zum Nachlassverzeichnis von Frau Kollegin ... erstellt werden sollte. Dies gilt umso mehr, da der Erblasser nach Angabe bereits 2018 verstarb und zielführende Recherchen, die wieder bei "Null" beginnen müssten, schon wegen des zeitlichen Abstandes erfahrungsgemäß kaum zu erwarten stehen.<br />Die ungeprüfte Übernahme von Informationen verbietet sich insoweit, da ein Nachlassverzeichnis auf Recherchen des errichtenden Notars beruhen müssen. Die Recherchen der Kollegin ... könnten daher nicht ohne weiteres übernommen werden. Sollte ein Nachtrag durch Frau ... nicht möglich sein, rege ich an, einen Notarkollegen bzw. Notarkollegin mit derzeit geringerer Arbeitsbelastung zu beauftragen, um eine zeitnahe Erledigung zu ermöglichen.</p></blockquote><p>Der Hintergrund ist ein Fall, in dem das erste notarielle Nachlassverzeichnis so schlecht war, dass ein neues erforderlich ist. Alle Anwälte sind sich einig, dass die erste Notarin nicht mehr damir befasst werden sollte.</p><p>Am 14.11.2023 erhielt ich das folgende Schreiben eines Notars auf die Anfrage, ob die Erbin ihn mit der Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses beauftragt hat:</p><blockquote><p>Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Dr. Papenmeier,<br /><br />bezugnehmend auf Ihr Anfrage vom 09.11. 2023 teile ich Ihnen mit, dass ich krankheits- und arbeitsbedingt nicht in der Lage bin. den Auftrag anzunehmen.<br />Mit freundlichen Grüßen<br /><br />Notar<br /></p></blockquote><p>Wir haben also scheinbar einen untragbaren Zustand erreicht.</p><p><b>Nachtrag vom 06.12.2023:</b></p><p>Gerade erhielt ich ein Schreiben einer Kollegin aus Sachsen-Anhalt, bei der zwei Notare die Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses verweigert haben. Der eine Notar sagte telefonisch ab, da er den Auftrag aus Zeit- und Kapazitätsgründen nicht annehmen könne. Der andere Notar schrieb:</p><p></p><blockquote><p>"Sehr geehrte Frau Kollegin ...,</p><p>ich danke Ihnen für Ihre Anfrage vom ....<br /><br />Derzeit bin ich hier bereits mit der Aufnahme einer großen Anzahl von Nachlassverzeichnissen beauftragt, noch dazu mit einem sehr knappen Personalbestand. Die Bearbeitung von Nachlassverzeichnissen ist stets sehr aufwendig und beansprucht in erheblichem Maße Bearbeitungskapazitäten.<br /><br />Daher kann ich Ihnen nicht zeitnah zur Bearbeitung Ihrer Anfrage zur Verfügung stehen und muss Ihnen zu meinem Bedauern und zugleich zu meiner Entlastung Ihre Anfrage zurückreichen.<br /><br />Mit freundlichen kollegialen Grüßen</p><p>Notar"</p></blockquote><p><br /></p><p></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-66438333523787733032023-11-06T08:11:00.002+01:002023-11-06T08:11:50.899+01:00Aufsatz von Prof. Lange zu ChatGPT<p>In der Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge erschien ein Aufsatz von Prof. Dr. Lange zum Thema: "Pflichten des Erben bei angeordneter Testamentsvollstreckung - Was meint ChatGPT dazu?" Leider beantwortete er nicht nur die juristische Frage aus seinem Fachgebiet, sondern wollte wohl aufzeigen, wie dumm ChatGPT ist. Dabei unterliefen ihm leider schwere methodische Fehler.</p><p>1. Der Autor teilte mit, was er eingegeben hat und was ChatGPT als Antwort geliefert hat. Leider hat er die Eingabe nicht wiederholt. ChatGPT hat in der Standardeinstellung eine Zufallskomponente. Bei jeder Wiederholung der Eingabe kommt ein ganz anderes Ergebnis. Es genügt also nicht, ein Ergebnis mitzuteilen und sich daran "abzuarbeiten".<br /></p><p>Der prompt lautete: "<i>Wie sind die Rechte und Pflichten des Erben während der Testamentsvollstreckung geregelt und welche Möglichkeiten haben sie, sich gegen die Entscheidungen des Testamentsvollstreckers zur Wehr zu setzen?</i>" - Bezieht sich diese Frage eigentlich auf deutsches Recht?</p><p>2. Der Autor wundert sich, dass ChatGPT den Inhalt eines Paragrafen falsch wiedergibt. Dieses Phänomen ist als Halluzination gut bekannt. Die Antworten von ChatGPT sollen nicht richtig sein, sie sollen gut klingen.</p><p>Die Fragen, was ChatGPT ist und wie intelligent etwas ist, was man gern als künstliche Intelligenz bezeichnet, liegt auf dem Gebiet der Informatik und hätte wohl auch dort aus beantwortet werden sollen.<br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-90755565454619348242023-08-23T14:48:00.003+02:002023-08-23T14:49:09.506+02:00BGH: Keine Notarbeschwerde des Pflichtteilsberechtigten<p>Es ist für Pflichtteilsberechtigte im Moment unheimlich schwer, den Anspruch auf ein notarielles Nachlassverzeichnis effektiv durchzusetzen, wenn der Notar nicht ordentlich arbeitet. Daher gab es die Idee, dass der Pflichtteilsberechtigte gegen einen Notar eine Beschwerde zum Landgericht einlegt, wenn dieser seine Tätigeit verweigert (§ 15 Absatz 2 BNotO). Diesen Weg hat der BGH mit dem Beschluss vom 19.07.2023 - IV ZB 31/22 - endgültig verschlossen. Der Pflichtteilsberechtigte sei nicht beschwerdebefugt und könne seine Ansprüche allein gegenüber dem Erben geltend machen. Damit muss im Vollstreckungsverfahren gegen den Erben geprüft werden, ob dieser eine Beschwerde gegen den Notar einlegen muss und ggf. ob er sie auch ordentlich begründet hat. Das macht die Fälle nicht einfacher.<br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-46025045479553627622023-05-02T14:25:00.004+02:002023-05-02T14:27:33.964+02:00BGH: Keine Anfechtung der Erbausschlagung bei Irrtum über den Nächstberufenen<p> Es ist ein typischer Fall: Der Vater stirbt. Die Kinder schlagen die Erbschaft aus, damit sie bei der Mutter verbleibt. Danach realisieren sie, dass stattdessen z.B. die Eltern oder Geschwister des Erblassers mit erben. Lässt sich dies durch eine Anfechtung retten? Darüber streiten die Juristen seit vielen Jahren. Der BGH setzt darunter mit dem Beschluss vom 22.03.2023 - IV ZB 12/22 einen Schlussstrich. Die Anfechtung ist nicht möglich. Es handelt sich um einen Motivirrtum. Wer ausschlägt soll sich vorher informieren, welche mittelbaren Folgen seine Ausschlagungserklärung hat. Das gilt auch dann, wenn man von der Existenz der Geschwister des Erblassers gar keine Kenntnis hat. Daher sollte die lenkende Erbausschlagung insgesamt vermieden werden. Stattdessen kann der Erbteil auf die Mutter übertragen werden, auch wenn das mehr kostet.<br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-32869063721033993272023-04-18T10:51:00.001+02:002023-04-18T10:51:09.504+02:00AG Frankfurt: Sprachbarriere schließt Ehegattenvertretungsrecht nicht aus<p>Seit Anfang des Jahres können Ehegatten einander in Gesundheitsangelegenheiten zeitlich befristet vertreten. Die Einzelheiten sind umständlich geregelt. Jetzt gibt es erste Erfahrungen in einem Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt vom 15.01.2023 - 43 XVII 178/23. Darin stellte das Gericht fest, dass eine Sprachbarriere das Ehegattenvertretungsrecht nicht ausschließe, da keine Eignungsprüfung des Ehegatten stattfinde.</p><p>Darüber hinaus meinte das Amtsgericht Frankfurt, dass es keinerlei Ermittlungspflichten habe, da sich der Arzt das Vorliegen der Ausschlussgründe versichern lassen müsse. Ob das richtig ist, wird die Zukunft zeigen.<br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-33406328533441602512023-02-12T16:06:00.001+01:002023-02-12T16:06:09.758+01:00BGH: Auskunftsanspruch des Pflicht- teilsberechtigten nach Ausschlagung seines Erbteils<p>Der BGH hat entschieden (Urteil vom 30.11.2022 - IV ZR 60/22): Auch derjenige Pflichtteilsberechtigte hat einen "ganz normalen" Auskunftsanspruch, der erst dadurch pflichtteilsberechtigt geworden ist, weil er eine (belastete) Erbschaft nach § 2306 BGB ausgeschlagen hat. Wundersam ist daran nur, dass Oberlandesgerichte das in der Vergangenheit einmal anders sehen konnten. Der Pflichtteilsberechtigte kann sich die Auskünfte nicht mehr aus eigenem Recht verschaffen, nachdem er die Erbschaft ausgeschlagen hat. Wie sollte er ohne die Auskünfte seinen Anspruch berechnen?<br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-28716212485721322702023-01-20T08:35:00.000+01:002023-01-20T08:35:08.440+01:00Annett Mau zum Missbrauch von Vorsorgevollmachten (ZErb 2023, 1)<p>Die Kriminalhauptkommissarin Annett Mau berichtet in einem sehr lesenswerten Aufsatz (ZErb 2023, 1) über den Missbrauch von Vorsorgevollmachten in der Praxis. Sie schildert den Fall einer Pflegerin, die beim (vermutlich) geschäftsunfähigen Erblasser einzieht, die Vollmachten der Tochter widerrufen lässt und am Ende alles erbt. Diese Fälle kommen auch nach meinen Erfahrungen regelmäßig vor. Frau Mau schildert auch, wie schwer es für die Betroffenen ist, sich dagegen zu wehren: <br /></p><ul style="text-align: left;"><li>Die Betreuungsgericht helfen nur unzureichend und benötigen viel zu lang. (Ich habe manchmal den Eindruck, dass die Betreuungsgericht darauf warten, dass der Erbfall eintritt, weil sie dann nicht mehr zuständig sind.)<br /></li><li>Strafanzeigen führen meist zur Einstellung des Verfahrens.</li><li>Bei der zivilrechtlichen Rückabwicklung müssen erhebliche Beweisprobleme überwunden werden.</li></ul><p>Oft hängt es dann vom Zufall ab, ob die spätere Rückforderung Erfolgsaussichten hat. Es gibt Fälle, in denen ich bereits in der Erstberatung von einer Rechtsverfolgung abraten muss. In anderen Fällen ist es sehr wichtig, dass die Schritte in der richtigen Reihenfolge ergriffen werden. Oft hängt das Ergebnis auch von einer späteren Beweisaufnahme (Zeugenvernehmung, Gutachten) ab. Diese Situation ist nicht schön. Es ist für viele Betroffene aber auch unerträglich, dem "Erbschleicher" oder "Vollmachtsschleicher" das Feld kampflos zu überlassen.<br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-51943985588480231202022-11-30T09:07:00.000+01:002022-11-30T09:07:10.750+01:00BGH zum Verhältnis der transmortalen Vorsorgevollmacht zur Testamentsvollstreckung<p>Eine Vorsorgevollmacht wird in der Regel für alle Angelegenheiten erteilt. Sie gilt in der Regel über den Tod des Vollmachtgebers hinaus. (Das nennen wir eine transmortale Vollmacht). Wenn der Vollmachtgeber in seinem Testament eine Testamentsvollstreckung anordnet, dann sind plötzlich zwei Personen zuständig, der Testamentsvollstrecker und der Vorsorgebevollmächtigte. Die Rechtsprechung und die juristische Literatur tun sich mit diesem Konkurrenzverhältnis schwer. Es kann sein, dass beides nebeneinander besteht, wobei der Testamentsvollstrecker dann wohl die Vollmacht widerrufen kann. Es kann auch sein, dass der Vollmachtgeber bzw. Erblasser die Aufgabenbereiche einschränken wollte. Das kann sich durch Auslegung seiner Erklärungen ergeben. Nicht so schön ist es, wenn dem Erblasser der Wille nur untergeschoben wird.<br /></p><p>Der BGH äußerte sich dazu im Beschluss vom 14.09.2022 - IV ZB 34/21. Der Wille des Vollmachtgebers bzw. Erblassers sei auszulegen (soweit richtig) und dies sei unabhängig davon, in welcher Reihenfolge die Vollmacht und das Testament erstellt worden seien. Für die letzte Aussage lieferte der BGH keine Begründung. Das verwundert auch nicht, weil sie falsch ist. Vollmachten werden aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers ausgelegt. Wenn dieser das Testament nicht kennt, dann kann es für die Auslegung nicht herangezogen werden. Zudem lässt sich nicht begründen, dass sich der Inhalt einer Vollmacht ändern soll, wenn der Erblasser später ein Testament erstellt.</p><p>Im Fall des BGH waren die Vorsorgevollmacht und das Testament am gleichen Tag erstellt worden. Zudem bestand die Testamentsvollstreckung nur für einen engen Aufgabenbereich. In diesem Sonderfall ist die Auslegung möglich, dass die Vollmacht eingeschränkt war, soweit der Testamentsvollstrecker zuständig war. Die allgemeinen Aussagen des BGH waren dazu nicht nötig und nicht tragend. Sie wären besser unterblieben.<br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-66355549430018321822022-09-07T09:25:00.000+02:002022-09-07T09:25:01.968+02:00BGH: Kein Pflichtteilsausschluss durch Wahl englischen Rechts<p><b>Kann der Erbe den Pflichtteilsanspruch ausschließen, indem er für seine Nachfolge ein Recht wählt, das keinen Pflichtteilsanspruch kennt? </b>Im Streitfall lebte ein britischer Staatsangehöriger in Deutschland und hatte dort sein Vermögen und Kind. Er wählte aber im Testament das englische Recht.</p><p><b>Nein</b>, das geht nicht. Dies entschied der BGH im Urteil vom 29.06.2022 - IV ZR 110/21. Die EU-Erbrechtsverordnung sieht in Art. 35 vor, dass jeder Staat das ausländische Recht nicht anwenden muss, wenn es gegen seine öffentliche Ordnung (ordre public) verstößt. Dazu gehört bei uns vor allem das Grundgesetz. Der Pflichtteilsanspruch ist im Rahmen der Erbrechtsgarantie verfassungsrechtlich geschützt. Daher klappte der Trick des Erblassers nicht und es gab trotzdem einen Pflichtteil.</p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-44610813382250886452022-07-08T09:14:00.003+02:002022-07-08T09:14:22.911+02:00OLG Koblenz: Erbe muss Anwaltskosten des Bevollmächtigten tragen, wenn Forderung unberechtigt<p>Das OLG Koblenz hat mit seinem Beschluss vom 03.09.2021 - 12 U 752/21 - einen neuen Aspekt zu den Vollmachtsmissbrauchsfällen hinzugefügt. Wenn die Erben des Vollmachtgebers den Bevollmächtigten zu unrecht auf Zahlung in Anspruch nehmen, müssen sie dessen Anwaltskosten tragen. Dies lässt sich mit einer Pflichtverletzung aus dem Grundverhältnis begründen. Die Erben dürfen Rechnungslegung verlangen, aber nicht ohne Grund den Vorwurf erheben, dass ein Vollmachtsmissbrauch vorlag.<br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-86707796945588681392022-05-13T10:34:00.000+02:002022-05-13T10:34:03.565+02:00Nacherstellung der Kontoauszüge auf Kosten der Erbengemeinschaft<p>Das OLG Naumburg entschied am 22.07.2021 (2 U 1/21), dass die Kontoauszüge auf Kosten der Erbengemeinschaft nacherstellt werden können, wenn ein Vollmachtsmissbrauch im Raum steht. Der Bevollmächtigte war ein Miterbe und hatte sich geweigert, die Kontoauszüge herauszugeben.</p><p>Die Nacherstellung der Kontoauszüge sei eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung. Im Streitfall hatte sich die Mehrheit der Erben dafür entschieden. Nach § 2038 Absatz 1 Satz 2 BGB kann aber auch ein Minderheitserbe Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung erzwingen.</p><p>Hilfsweise stützte das OLG Naumburg seine Entscheidung auf eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag. Wie dabei ein entgegenstehender Wille anderer Miterben übergangen werden soll, hat uns das OLG Naumburg leider nicht verraten. Ein Fall des § 679 BGB lag nicht vor. Daher dürfte nur der Weg über die ordnungsgemäße Nachlassverwaltung zum Ziel führen, derjenige über die Geschäftsführung ohne Auftrag aber nicht.<br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-24658535434644874512022-04-07T15:48:00.000+02:002022-04-07T15:48:43.243+02:00Pflichtteil - Schätzung des Ortsgerichts ausreichend<p>Das OLG Frankfurt am Main entschied mit Urteil vom 08.12.2021 - 12 U 110/21, dass der Wertermittlungsanspruch des Pflichtteilsberechtigten auch durch ein Gutachten des Ortsgerichts in Hessen erfüllt werden kann. Dabei stellte das OLG Frankfurt die Tatsachenbehauptung auf, dass die Mitglieder des Ortsgerichts über eine besondere Sachkunde für Grundstücksbewertungen verfügen. Wer so ein Gutachten schon einmal gesehen hat, fragt sich, ob das wohl stimmen kann.</p><p>Lesenswert ist dazu nun eine Anmerkung von Oster, ErbR 2022, 162. Dieser legt dar, dass die Mitglieder des Ortsgerichts keine Ahnung von Grundstücksbewertungen haben müssen und diese oft auch nicht haben.<br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-82811535973481690752022-01-29T16:59:00.001+01:002022-01-29T16:59:32.028+01:00BGH: Eidesstattliche Versicherung beim notariellen Nachlassverzeichnis<p>Der Pflichtteil ist Pflicht. Der Pflichtteilsberechtigte bekommt seinen Anteil am Nachlass und daran lässt sich mit legalen Mitteln kaum etwas ändern. Wenn der Pflichtteilsberechtigte aber nicht weiß, was an Nachlass da ist (oder war), dann kann er seinen Anspruch nicht berechnen. Daher gibt ihm das Gesetz einen Auskunftsanspruch. Er kann ein einfaches oder ein notarielles Nachlassverzeichnis verlangen. Nach der Vorlage des Nachlassverzeichnisses gibt es unter bestimmten Voraussetzungen noch einen Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung:</p><blockquote><p><b>§ 260 Absatz 2 BGB:</b><br /></p><p>(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen den Bestand so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.</p></blockquote><p>Nun ist es beim notariellen Nachlassverzeichnis so, dass der Notar den Wortlaut des Verzeichnisses bestimmt. Es gab daher eine weit verbreitete Auffassung, wonach der Pflichtteilsberechtige beim notariellen Nachlassverzeichnis nur eine eingeschränkte eidesstattliche Versicherung abgeben müsste. Es wurde argumentiert, dass er doch nichts dafür könne, was der Notar schreibe. Nur wenn die Erklärung im notariellen Nachlassverzeichnis als Erklärung des Erben gekennzeichnet sei, müsse er eine eidesstattliche Versicherung abgeben. Dieser Ansicht schob der BGH nun einen Riegel vor.<br /></p><p><b>Der Bundesgerichtshof entschied mit Urteil vom 01.12.2021 - IV ZR 189/20, dass der Erbe die eidesstattliche Versicherung für den gesamten Inhalt des notariellen Nachlassverzeichnisses abgeben muss</b>, wenn die Voraussetzungen des § 260 Absatz 2 BGB vorliegen. Der Erbe hat somit die Pflicht, das notarielle Nachlassverzeichnis zu überprüfen. Wenn es Fehler oder Lücken aufweist, muss er dies bei der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung offenlegen.</p><p>Damit endet eine beliebte Strategie von Erben, bei der man sich immer den schlechtesten Notar aussucht und dann hofft, dass dieser die wirklich schwierigen Dinge nicht aufdeckt oder nicht aufnimmt.<br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-71252732697994232342021-11-09T16:06:00.000+01:002021-11-09T16:06:26.821+01:00OLG München zur Belegvorlage im Pflichtteilsrecht<p>Im Pflichtteilsrecht besteht ein Grundsatzkonflikt zwischen dem Recht des Pflichtteilsberechtigten auf der einen Seite und der Arbeitsvermeidung für Erben, Notare und Gerichte auf der anderen Seite. Der Pflichtteilsberechtigte hat einen verfassungsrechtlich geschützten Anspruch auf seine Mindestteilhabe am Nachlass. Leider ist das Leben komplex und so gibt es viele Vorgänge, die schwer erkennbar sind und die nur ordentlich beziffert werden können, wenn umfangreiche Unterlagen gesichtet werden. Hier kommt aber der zweite Aspekt ins Spiel: Das macht Arbeit. Zudem möchte mancher Erbe nicht, dass Geldbewegungen aufgedeckt werden, die er vorher zusammen mit dem Erblasser mühevoll versteckt hat.</p><p>Dieses Problemfeld entzündet sich an der Diskussion, ob der Pflichtteilsberechtigte einen Anspruch auf die Belege hat, entweder auf Vorlage der Belege oder auf Einsicht in die Belege. <b>Das OLG München entschied am 23.08.2021 - 33 U 325/21 - dass es keinen Anspruch auf Vorlage der Belege gebe.</b></p><p>Der Erbe war vom Landgericht zur Auskunftserteilung und Belegvorlage verurteilt worden. Gegen die Belegvorlage ging er erfolgreich in Berufung. Das Problem dabei: Eigentlich ist die Berufung gar nicht zulässig. Wenn der Beklagte die Unterlagen einfach vorlegen kann, erreicht er nicht die notwendige Beschwer von über 600 € (§ 511 Absatz 2 Nr. 1 ZPO).<b> </b>Das OLG München überwand diese Hürde mit dem Vortrag des Beklagten, er müsse die Bankbelege erst anfordern und das sei teurer als 600 €. Leider übersah das OLG München, dass die Bankbelege im Rahmen der Auskunftserteilung ohnehin angefordert und gesichtet werden müssen, unabhängig davon, ob sie vorgelegt werden müssen. Durch die Vorlage entstehen daher keine nennenswerten Mehrkosten. Also hätte die Berufung als unzulässig zurückgewiesen werden müssen.</p><p>Die Frage nach dem Anspruch auf Belegvorlage beantwortete das OLG München zunächst mit der wenig hilfreichen und nichtssagenden Floskel, dass es diesen Anspruch nach der Rechtsprechung und der herrschenden Meinung in der Literatur nicht gebe. Aus der umfangreichen Diskussion in der Literatur nahm es dann zwei Argumente für die eine Meinung, ohne sich mit den Argumenten der Gegenmeinung zu befassen. Leider unterschied das OLG München nicht zwischen Belegvorlage und Einsicht in die Belege. Es lässt sich gut vertreten, dass das Hinzuziehungsrecht in § 2314 BGB nur ein Recht auf Einsicht, aber kein Recht auf Vorlage gibt.<br /></p><p>Jetzt lässt sich wieder nur raten, ob das OLG diese Unterscheidung bewusst nicht thematisiert hat, weil die Einsicht nicht beantragt war. Ein rechtlicher Hinweis wäre in diesem Zusammenhang aber wohl notwendig gewesen. <br /></p><p>Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch auf die "Allgemeinen Verfahrenshinweise des 33. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München" hinweisen. Ich höre gerne Erfahrungsberichte, wie sich diese in der konkreten Anwendung des Senats auswirken. Sie lassen sich durchaus in einer Weise verstehen, die dem Anspruch auf rechtliches Gehör nicht mehr genügt.<br /><br /></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjGBCNaKi3vjSy-KfofsaM3FfgAqHgCOMA_Jxkdqc6ieEQUDEt79L-JJRILcSoYksPhuGQ0rue3_r2GZHlVbFNsp7Oau5NTUhAqo4PqI4Jb3tz9Ij7LDhdn1ZlR12lHw8nBRAXFfDaoquA/s1123/OLGMue.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1123" data-original-width="791" height="686" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjGBCNaKi3vjSy-KfofsaM3FfgAqHgCOMA_Jxkdqc6ieEQUDEt79L-JJRILcSoYksPhuGQ0rue3_r2GZHlVbFNsp7Oau5NTUhAqo4PqI4Jb3tz9Ij7LDhdn1ZlR12lHw8nBRAXFfDaoquA/w483-h686/OLGMue.png" width="483" /></a></div><br />Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-2116672332008872502021-07-23T10:48:00.003+02:002021-07-23T10:48:34.547+02:00OLG Hamm zur Sichtung der Kontoauszüge durch den Notar<p>Das OLG Hamm (Beschluss vom 09.03.2021 - I-10 U 90/20) gibt uns einen weiteren Baustein bei der Sichtung der Kontoauszüge durch den Notar. Der Notar soll die Kontoauszüge der letzten 10 Jahre sichten und die Verfügungen zusammenstellen, die einen bestimmten Betrag übersteigen und möglicherweise Schenkungen darstellen können.</p><p>Wenn wir jetzt noch wüssten, was ein "bestimmter Betrag" ist, wären wir wieder ein ganzes Stück weiter.<br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-87135494646430321362021-06-29T11:23:00.002+02:002021-06-29T11:23:33.716+02:00BGH: Grabpflegekosten sind keine Beerdigungskosten<p>Nach § 1968 BGB muss der Erbe die Beerdigungskosten tragen. Bis zu einem bestimmten Punkt bestand Einigkeit, dass Grabpflegekosten nicht unter diese Vorschrift fallen, weil sie keine Beerdigungskosten sind. Dann gab es eine "erstarkende Mindermeinung" und Instanzgerichte, die das Gegenteil entschieden. In der obergerichtlichen Rechtsprechung setzte sich diese Auffassung nicht durch.<br /></p><p>Das Thema ist nun mit dem Urteil des BGH vom 26.05.2021 - IV ZR 174/20 erledigt. Grabpflegekosten sind weiterhin keine Beerdigungskosten.</p><p>Das hat die praktische Folge, dass die Grabpflegekosten bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs nicht abgezogen werden können.<br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-77345073925467759942021-03-15T16:05:00.002+01:002021-03-15T16:05:50.627+01:00BGH zur Beglaubigung durch die Betreuungsbehörde<p>Ich hatte über eine <a href="https://blog.erbrecht-papenmeier.de/2020/03/olg-koln-und-die-beglaubigung-durch-die.html">Entscheidung des OLG Köln</a> berichtet, wonach die von der Betreuungsbehörde beglaubigten Vorsorgevollmachten nach dem Erbfall nicht mehr grundbuchtauglich sein sollten. Diese Fehlentscheidung hat der BGH nun im Beschluss vom 12.11.2020 - V ZB 148/19 - korrigiert. Mit einer von der Betreuungsbehörde beglaubigten Vorsorgevollmacht können auch nach dem Erbfall Grundstücke übertragen werden, ohne dass es Probleme gibt.</p><p>Damit ist die Lobbyarbeit derjenigen, die mit den Beglaubigungen Geld verdienen wollen, aber nicht beendet. Derzeit ist eine Gesetzesreform zur Modernisierung des Betreuungsrechts in Arbeit. Dabei soll die <a href="https://blog.erbrecht-papenmeier.de/2020/06/achtung-bmjv-will-beglaubigung-der.html">Beglaubigungsbefugnis der Betreuungsbehörde entwertet werden</a>. Der Beschluss des BGH ist ein guter Anlass, diese Bemühungen einzustellen.<br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-86356966687331052922021-02-04T15:14:00.001+01:002021-02-19T19:26:04.043+01:00BGH: Gibt es bei nachweislich falschen Auskünften einen Auskunftsanspruch? (ja)<p>Es gibt im Gesetz viele verschiedene Auskunftsansprüche, bei denen ein Bestandsverzeichnis oder eine Rechnungslegung erstellt werden muss. Häufige Beispiele sind das Nachlassverzeichnis für den Pflichtteilsberechtigten oder die Rechnungslegung des Vorsorgebevollmächtigten. Nach der ständigen Rechtsprechung sind diese Auskünfte bereits dann erfüllt, wenn der Verpflichtete eine <b>formell ordnungsgemäße</b> Auskunft vorlegt. Es kommt hingegen nicht darauf an, ob diese Auskunft auch richtig ist.</p><p><b>Was gilt nun aber, wenn die Auskunft nachweislich falsch ist?</b> Damit befasste sich der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 03.09.2020 - III ZR 136/18. Inhaltlich ging es um Tonbandaufnahmen eines ehemaligen Bundeskanzlers. Die Aussagen gelten aber in vielen anderen Fällen genauso.</p><p>Es bleibt dabei, dass der Auskunftsanspruch erfüllt ist, wenn die Auskunft so aussieht, als ob sie vollständig ist. Wenn der Vorsorgebevollmächtigte zum Beispiel behauptet, er habe kein Geld abgehoben, dann ist der Auskunftsanspruch erfüllt. Wenn es an der Richtigkeit der Auskünfte Zweifel gibt, muss unter Umständen eine eidesstattliche Versicherung abgegeben werden. Diese hilft in der Praxis aber fast nie weiter.</p><p>Und nun geht der Bundesgerichtshof einen Schritt weiter. Die falsche Auskunft führt zu einem Schadensersatzanspruch, wenn sie der Verpflichtete zu vertreten hat. Der Schadensersatzanspruch wiederum führt zu einem vorbereitenden Auskunftsanspruch. Im Ergebnis besteht der Auskunftsanspruch daher mit anderer Begründung weiter, wenn die Auskünfte nachweislich falsch sind. Die Gerichte können daher nicht mehr - wie bisher üblich - Beweisangebote beiseite schieben, die belegen, dass die erteilten Auskünfte falsch sind.<br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-62233315492278828282020-11-20T08:14:00.001+01:002020-11-20T08:14:33.880+01:00BGH: Kosten des Erbscheins trägt nur der Antragsteller<p>Ich habe es schon oft vorgetragen und genauso oft Unglauben geerntet: Die Kosten des Erbscheins muss nur derjenige tragen, der ihn beantragt hat. Es besteht kein Erstattungsanspruch gegen die anderen Miterben. Deshalb kann jeder Miterbe einen Teilmindesterbschein beantragen, auch wenn das am Ende teurer ist als ein gesamter Erbschein.</p><p>Die Miterben empfinden es oft als unfair, weil der Erbschein am Ende doch allen nützt. Es gibt auch viele Fälle, wo ein Miterbe die anteiligen Erbscheinskosten trotzdem übernimmt, obwohl er es nicht müsste.<br /></p><p>Und trotzdem ist es so, dass es eben keinen Erstattungsanspruch des Miterben gibt, der für alle einen Erbschein beantragt hat. Das hat der Bundesgerichtshof nun in seinem Urteil vom 07.10.2020 - IV ZR 69/20 bestätigt.</p><p>Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 07.10.2020 lässt jedoch Platz für Ausnahmen. Möglicherweise genügt eine Mehrheitsentscheidung der Miterben. Die Details musste der Bundesgerichtshof nicht entscheiden.<br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-37454489039563180182020-09-28T08:37:00.002+02:002020-09-28T08:37:15.754+02:00"Das Geld ist weg" und trotzdem Pflichtteilsergänzung<p>Wenn ein Erblasser Geld verschenkt, dann erhält der Pflichtteilsberechtigte (in Grenzen) davon seinen Teil als Pflichtteilsergänzungsanspruch. Die Schenkung muss allerdings der Pflichtteilsberechtigte beweisen. Das bringt einige Erben dazu, das Geld "verschwinden" zu lassen. Dann erklärt der Erbe dem Pflichtteilsberechtigten, er wisse auch nicht, was der Erblasser mit seinem Geld gemacht habe. Das klappt jedoch nicht immer.</p><p>Im Fall des OLG Saarbrücken (Urteil vom 24.07.2019 - 5 U 95/18) hatte der Erblasser sein Hausgrundstück für 140.000 € an die Lebensgefährtin des späteren Erben verkauft. Beim Notar hatte der Erblasser bestätigt, dass er den Kaufpreis erhalten habe. Sonst gab es dazu nichts an Unterlagen. Der Pflichtteilsberechtigte behauptete, dass das Geld nie gezahlt wurde. Damit hatte er beim OLG Saarbrücken Erfolg. Das OLG Saarbrücken sah den Beweis aus den folgenden Gründen als erbracht an:</p><ul style="text-align: left;"><li>Ein Geldeingang war auf den Kontoauszügen des Erblassers nicht zu verzeichnen.</li><li>Weitere Konten des Erblassers waren nicht bekannt.</li><li>Eine Barzahlung so hoher Beträge ist unüblich.</li><li>Der Erblasser hatte keinen verschwenderischen Lebensstil.</li><li>Der Erbe erschien zu sämtlichen Gerichtsterminen nicht persönlich und entzog sich dadurch einer Befragung.</li></ul><p>Das OLG Saarbrücken ging daher davon aus, dass der Erblasser der Lebensgefährtin des Erben den Betrag erlassen hatte. Dies stellt eine pflichtteilsergänzungspflichtige Schenkung dar. <br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-5145536682564782933.post-30798048877594083912020-08-30T14:17:00.000+02:002020-08-30T14:17:05.900+02:00BGH: Aleatorisches Rechtsgeschäft doch eine Schenkung?<p>Zwei Personen gründen eine Gesellschaft. Wenn eine der Personen stirbt, soll der anderen die gesamte Gesellschaft gehören, ohne dass die Erben eine Abfindung erhalten. Rechtlich nennen wir das Anwachsung mit Abfindungsausschluss. Wenn beide Personen ungefähr gleich alt und gleich gesund sind, sollte dies bisher gehen. Insbesondere sollte darin keine Schenkung liegen, so dass die Abkömmlinge des Verstorbenen keine Pflichtteilsergänzungsansprüche haben. Das nennen wir ein <b>aleatorisches Rechtsgeschäft</b>.</p><p>Nun können die beiden Personen auch Ehegatten sein. Die Gesellschaft kann allein dazu dienen, eine Grundstück oder eine Eigentumswohnung zu vewalten. Einen komischen Beigeschmack hatten diese Fälle schon immer. Deshalb entschied der BGH nun, dass in solchen Fällen eben doch eine Schenkung vorliegen kann (BGH, Urteil vom 03.06.2020 - IV ZR 16/19). Folglich können doch Pflichtteilsergänzungsansprüche bestehen. Leider lässt die Entscheidung nicht erkennen, wann nun eine Schenkung vorliegt und wann nicht. Im Fall des BGH waren die Gesellschafter Ehegatten. Die Ehefrau war zudem Alleinerbin. Die Gesellschaft diente nur der Verwaltung einer Eigentumswohnung. Die Abgrenzung in weniger offensichtlichen Fällen wird in Zukunft viel Streit erzeugen.<br /></p>Dr. Thomas Papenmeierhttp://www.blogger.com/profile/14269456693607317021noreply@blogger.com0