Sonntag, 28. Juli 2024

BGH zum notariellen Nachlassverzeichnis

Der BGH entschied am 19.06.2024, dass ein Notar die Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses nicht einfach verweigern darf, wenn es schwierig wird (BGH, Beschluss vom 19.06.2024 - IV ZB 13/23). Das ist nicht weiter überraschend. Im Bereich der notariellen Nachlassverzeichnisse gibt es jedoch zahlreiche ungeklärte Fragen, so dass es sich lohnt, den Beschluss des BGH näher zu betrachten.

Zunächst einmal  bestätigte der BGH seinen bisherigen Obersatz zum notariellen Nachlassverzeichnis:

"Ein notarielles Nachlassverzeichnis soll danach eine größere Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft als das private Verzeichnis des Erben bieten, weshalb der Notar den Bestand des Nachlasses selbst und eigenständig ermitteln und durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringen muss, dass er den Inhalt verantwortet. Der Notar ist in der Ausgestaltung des Verfahrens weitgehend frei. Er muss zunächst von den Angaben des Auskunftspflichtigen ausgehen. Allerdings darf er sich hierauf nicht beschränken und insbesondere nicht lediglich eine Plausibilitätsprüfung durchführen. Vielmehr muss er den Nachlassbestand selbst ermitteln und feststellen. Dabei hat er diejenigen Nachforschungen anzustellen, die ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde"

Der Obersatz ist eher unpräzise. Welche Nachforschungen hält wohl ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich? Darüber werden wir uns in vielen weiteren Fällen vor den Oberlandesgerichten streiten. In der Tendenz ist die Nachforschungspflicht eher weiter als enger.

Weiterhin erklärte der BGH, wie der Notar mit Zweifeln umgehen soll, die er nicht aufklären kann:

"Stellt der Notar im Rahmen seiner Ermittlungspflicht die gebotenen Nachforschungen an und wirkt der Erbe - die Beschwerdeführerin - bei der weiteren Sachverhaltsaufklärung im erforderlichen und ihr zumutbaren Umfang mit, berechtigen verbleibende Unklarheiten den Notar nicht zur Verweigerung der Amtstätigkeit. Vielmehr hat er den zugrundeliegenden Sachverhalt in das Verzeichnis aufzunehmen und seine Zweifel zum Ausdruck zu bringen [...]. Nur so wird dem Zweck des § 2314 BGB, dem in Beweisnot befindlichen Pflichtteilsberechtigten die notwendigen Kenntnisse zur Berechnung und Geltendmachung seines Pflichtteilsanspruchs zu verschaffen (vgl. Senatsurteil vom 20. Mai 2020 - IV ZR 193/19, ZEV 2020, 625 Rn. 8), hinreichend Rechnung getragen. Andernfalls bestünde im Fall eines nicht aufgenommenen Verzeichnisses für den Pflichtteilsberechtigten die Gefahr, dass er seinen dem Grunde nach gegebenen Pflichtteilsanspruch der Höhe nach nicht beziffern und ihn damit faktisch nicht durchsetzen kann. Umgekehrt sähe sich der Erbe bei einem nicht erstellten Verzeichnis der Gefahr von Vollstreckungsmaßnahmen nach § 888 ZPO ausgesetzt."

 

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