Im Erbrecht kommt etwas Eigenartiges auf uns zu: Der deutsch-französische Wahlgüterstand (DFWG) aus dem "Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft". Dieses Abkommen ist noch kein Gesetz, soll es aber demnächst werden. Hier finden Sie die dazugehörige Pressemitteilung des BMJ mit dem Regierungsentwurf. Der deutsch-französische Wahlgüterstand wird ein ganz "normaler" Güterstand sein. Es ist nicht erforderlich, dass ein Ehegatte auch nur irgendetwas mit Frankreich zu tun hat.
Der deutsch-französische Wahlgüterstand wird in der Gestaltungspraxis bereits jetzt als Mittel diskutiert, um die Pflichtteilslast zu senken (Dr. Krauss, Seminar am 10.03.2012 in Berlin). Das funktioniert bei Ehegatten, bei denen ein Ehegatte einen sehr hohen Zugewinn erzielt, der andere Ehegatte hingegen nur einen niedrigen Zugewinn. Das beste Beispiel dafür ist der Fall, dass ein Ehegatte Inhaber eines Unternehmens ist. Nicht selten stecken sogar beide Ehegatten ihr ganzes Geld in das Unternehmen. Der Zugewinn liegt dann nur beim Unternehmer.
Als Beispiel soll hier ein Fall dienen, bei dem die Ehefrau einen Zugewinn von 0 € hat und der Ehemann einen Zugewinn und auch einen Reinnachlass von 1.000.000 € hat. Beide Ehegatten haben einen ungeliebten Sohn. Sie setzen sich daher gegenseitig zu Alleinerben ein.
Bisher wurden diese Fälle mit der modifizierten Zugewinngemeinschaft gelöst. Die Zugewinngemeinschaft ist der gesetzliche Güterstand. Dieser Güterstand wurde für den Fall der Scheidung modifiziert, damit die Zugewinnausgleichforderung nicht das Unternehmen ruiniert. Dieser Teil soll hier jedoch nicht näher betrachtet werden. Im Todesfall galt § 1371 Absatz 1 BGB. Der gesetzliche Erbteil des zuerst versterbenden Ehegatten erhöhte sich um 1/4 - und zwar unabhängig davon, ob er den höheren Zugewinnausgleich erzielt hatte. Dadurch reduzierte sich der Pflichtteilsanspruch des Kindes auf 1/4. Starb im Beispielsfall der Vater zuerst, erhielt der Sohn einen Betrag in Höhe von (1/4 x 1.000.000 € =) 250.000 €.
Wählen die Ehegatten den deutsch-französischen Wahlgüterstand, dann hat der Sohn eine höhere Pflichtteilsquote, wenn der Vater zuerst stirbt. Die Pflichtteilsquote beträgt in diesem Fall 3/8, also 1/8 mehr als oben. Dafür wird der Zugewinn ausgeglichen, bevor der Pflichtteilsanspruch errechnet wird (Art. 12 Abs. 1, Art. 7 Nr. 1 des Abkommens). In unserem Beispiel erhält die Witwe zunächst 500.000 € Zugewinnausgleich. Von den verbleibenden 500.000 € erhält der Sohn 3/8, also 187.500 €. Dies ist eine deutliche Ersparnis im Vergleich zur Gestaltung über eine Zugewinngemeinschaft. Der deutsch-französische Wahlgüterstand sieht den Zugewinnausgleich allerdings auch dann vor, wenn die Mutter zuerst verstirbt. In diesem Fall würde die Zugewinnausgleichsforderung der Mutter den Pflichtteilsanspruch des Sohnes erhöhen. Nach Art. 3 Absatz 3 des Abkommens kann der deutsch-französische Wahlgüterstand aber modifizert werden. Es wird daher empfohlen, dass die Eltern für diesen Fall den Zugewinnausgleich komplett ausschließen. Ob diese Gestaltung vor der Rechtsprechung hält, wird sich zeigen müssen. Die Frage lautet dahingehend, ob diese Gestaltung sittenwidrig ist, weil sie nur der Benachteiligung des Pflichtteilsberechtigten dient. Über die Generalklauseln werden Wertungen des Grundgesetzes ins Zivilrecht überführt. Der Pflichtteilsanspruch ist nach der Rechtsprechung des BVerfG verfassungsrechtlich geschützt. Irgendwo muss die Ausdünnung des Pflichtteilsanspruchs daher eine Grenze haben. Ob dieses Grenze allerdings hier schon erreicht ist, ist höchst unsicher. Zudem ist die Frage der Sittenwidrigkeit im Einzelfall zu betrachten und der Erblasser kann vielleicht weitere Gründe anführen, die seine Gestaltung stützen, z.B. die Erhaltung von Arbeitsplätzen.
Im Zusammenhang mit dem Unternehmen des Erblassers bzw. der Unternehmensnachfolge stellen sich viele weitere Fragen, die hier ausgeklammert werden mussten, damit das Thema überschaubar bleibt.
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