Im Oberlandesgerichtsbezirk Rostock darf ein Nachlassgericht die Auszahlung von Kontoguthaben anweisen, ohne dass sich die Bank dagegen wehren kann (OLG Rostock, Beschlus vom 25.10.2012 - 3 W 155/12).
Im Fall des Oberlandesgerichts Rostock verstarb eine Erblasserin. Die Angehörigen der Erblasserin waren nicht bekannt. Deshalb sorgte die Ordnungsbehörde für die Beerdigung und verauslagte Beerdigungskosten in Höhe von 2.171,04 €. Nun wollte die Ordnungsbehörde das Geld gerne aus dem Nachlass ersetzt haben. Normalerweise muss die Ordnungsbehörde hierfür einen Nachlasspfleger nach § 1961 BGB beantragen. Der Nachlasspfleger ist ein Vertreter der unbekannten Erben. Er geht zur Bank, holt sich das Geld, nimmt davon seine Kosten weg und bezahlt mit dem Rest die Forderung der Ordnungsbehörde - allerdings führt er davor in der Regel ein Aufgebotsverfahren durch, um zu sehen, ob weitere Nachlassgläubiger vorhanden sind. Wenn das Geld nicht reicht, beantragt der Nachlasspfleger ein Nachlassinsolvenzverfahren oder schließt mit allen Gläubigern einen Vergleich.
Anders ist das nun aber im Fall des OLG Rostock gelaufen. Dort hat das Nachlassgericht einfach einen Beschluss gefasst, wonach die Bank das Geld an die Ordnungsbehörde überweisen soll. Die Bank wollte sich dagegen wehren und musste sich vom OLG Rostock sagen lassen, dass sie nicht einmal beschwerdeberechtigt sei. Es greife nicht in das Recht der Bank ein, wenn sie Geld bezahlen müsse. Das ist eigenartig, weil sich ein Nachlasspfleger das Geld nicht einfach von der Bank holen kann. Vielmehr muss er sie in einem ordentlichen Zivilprozess verklagen.
Im Fall des OLG Rostock gab es hingegen nur den Beschluss des Nachlassgerichts. Dort ist nicht einmal ein Richter, sondern nur ein Rechtspfleger zuständig. Und gegen dessen Entscheidung soll es für die Bank kein Rechtsmittel geben? Das verstößt gegen Art. 19 Absatz 4 GG. Die Beschwerde der Bank war entgegen der Ansicht des OLG Rostock zulässig.
Was wäre nun aber gewesen, wenn die Beschwerde zulässig gewesen wäre? Das OLG Rostock behauptet in einer Hilfsbegründung, dass das Nachlassgericht die Auszahlung des Bankguthabens anweisen könne. Das OLG Rostock stützt sich darauf, dass das Nachlassgericht bis zur Bestellung des Nachlasspflegers selbst die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen treffen dürfe. Eine Sicherungsmaßnahme wäre die Hinterlegung des Geldes gewesen. Die Auszahlung an die Ordnungsbehörde geht darüber hinaus, weil das Geld dann weg ist. Das OLG Dresden hatte in seinem Beschluss vom 08.06.2010 - 17 W 510/10 - noch zutreffend festgestellt, dass es für die Anordnung der Begleichung einer Rechnung durch das Nachlassgericht keine Rechtsgrundlage gibt.
Ergänzung (18.10.2013): Lesen Sie zu diese Thema auch die Diskussion im Rechtspfegerforum: http://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php?69680-Auszahlungsbeschluss-f%FCr-Beerdigungskosten
Dort sehen Sie, dass die rechtliche Einschätzung sehr davon abhängt, wie man den Beschluss des Nachlassgerichts einordnet, der leider nicht genau bekannt ist. Hat das Nachlassgericht die Bank verpflichtet oder hat es lediglich eine Willenserklärung in Vertretung der Erben abgegeben, die für die Bank zunächst keine durchsetzbare Verpflichtung enthält? In letzterem Fall wäre der normale Weg über eine Klage vor dem Zivilgericht zu gehen.
Ergänzung (13.10.2014): Das OLG Hamm entschied mit seinem Beschluss vom 10.07.2014 (15 W 73/14) ebenfalls, dass die Bank nicht beschwerdebefugt sei. Im Fall des OLG Hamm ordnete der Rechtspfleger beim Nachlassgericht an, die Bank solle das Kontoguthaben hinterlegen oder an die Gerichtskasse zahlen. Auch hier stellt sich die Frage, ob das nur als eine Erklärung in Vertretung der Erben zu verstehen sein soll. Alles, was darüber hinaus geht, muss mit der Beschwerde anfechtbar sein.
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