Das Nachlassgericht muss nur dann ein Sachverständigengutachten zur Testierunfähigkeit des Erblassers einholen, wenn für die Testierunfähigkeit konkrete Anhaltspunkte vorliegen. Das OLG Düsseldorf nutzte diesen Rechtssatz, um einen Fall "abzuwürgen", in dem weitere Ermittlungen veranlasst waren (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.10.2013 - I-3 Wx 116/13, ErbR 2014, 122 ).
In letzter Zeit häufen sich Entscheidungen, in denen sich ein Oberlandesgericht mit der Frage beschäftigen muss, ob zur (behaupteten) Testierunfähigkeit des Erblassers ein Sachverständigengutachten eingeholt werden musste. Das Oberlandesgericht Düsseldorf verneinte dies in seinem Beschluss vom 10.10.2013. Der Beschluss stellt sich als krasse Fehlentscheidung dar.
Die Erblasserin hatte einen Schlaganfall erlitten. Danach hatte sie ein Testament errichtet. Es stellte sich die Frage, ob die Erblasserin noch testierfähig war.
Die Antragstellerin hatte geltend gemacht, die Erblasserin sei zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung desorientiert und verwirrt gewesen. Sie habe die Erblasserin apathisch in ihrem Bett vorgefunden. Die Erblasserin habe einmal im Aufenthaltsraum des Pflegeheims einen fremden Kind nachgerufen, als würde sie es kennen. Weiterhin verwies die Antragstellerin auf Inhalte in der Patientenakte, die das OLG Düsseldorf nicht mitgeteilt hat. Die Antragstellerin hatte ein Privatgutachten eines Facharztes für Neurologie erstellen lassen, in dem der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt war, die Erblasserin sei testierunfähig gewesen.
Es lagen wohl auch Anhaltspunkte vor, die gegen eine Testierunfähigkeit der Erblasserin sprachen. Das Nachlassgericht hatte die Zeugen "A." und "M." und einen "Betreuungsbericht H." gelesen. Dem Beschluss des OLG Düsseldorf vom 10.10.2013 lässt sich nicht hinreichend entnehmen, welchen Inhalt und welches Gewicht diese Beweismittel haben.
Wenn es Anhaltspunkte für und gegen die Testierunfähigkeit gibt, dann ist ein Sachverständigengutachten einzuholen. Das OLG Düsseldorf tat dies nicht und entschied stattdessen "kraft seiner eigenen Wassersuppe" ohne die erforderliche medizinische Sachkompetenz. Dies wird besonders deutlich bei folgendem Satz des OLG Düsseldorf: "Wenn es Anhaltspunkt gibt, so sprechen diese bei Gesamtbetrachtung eher für die Testierfähigkeit, die es allerdings nicht zu beweisen gilt, weil sie den Regelfall darstellt." Die Gesamtbetrachtung zeigt, dass der Ansatzpunkt des OLG Düsseldorf nicht zutrifft. Das OLG Düsseldorf hatte doch gerade behauptet, es gäbe keine Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit.
Die Entscheidung wurde in der ErbR 2014, 122 mit einer ablehnenden Anmerkung von Prof. Dr. Ludwig Kroiß abgedruckt.
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