Nach Ansicht des OLG Celle ist ein Erbscheinsantrag unzulässig, solange ein im Testament angeordnetes Schiedsgericht nicht entschieden hat (OLG Celle, Beschluss vom 09.11.2015 - 6 W 204/15).
Die Antragstellerin beantragte einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweist. Scheinbar gab es einen weiteren Beteiligten, der damit nicht einverstanden war. Das streitige Erbscheinsverfahren ging daher zum Oberlandesgericht Celle. Im Testament war angeordnet, dass für Streitigkeiten, die durch den Tod der Erblasserin hervorgerufen werden, die staatlichen Gerichte ausgeschlossen sind und stattdessen die Deutsche Schiedsgerichtsbarkeit für Erbstreitigkeiten e.V. zuständig ist. Nach der Ansicht des OLG Celle steht diese Schiedsklausel einem streitigen Erbscheinsverfahren entgegen, obwohl bisher kein Antrag auf Durchführung des Schiedsverfahrens gestellt worden war. Die Entscheidung dürfte unzutreffend sein.
Ein Schiedsverfahren ersetzt den staatlichen Zivilprozess. Ob es tatsächlich ratsam ist, den Schiedsrichter nach nicht nachvollziehbaren Regeln von der Deutschen Schiedsgerichtsbarkeit für Erbstreitigkeiten (DSE) auswählen zu lassen, sei dahingestellt. Das Erbscheinsverfahren wird ausgesetzt, wenn die Beteiligten eine Erbenfeststellungsklage erheben. Es ist daher konsequent, wenn das Erbscheinsverfahren auch ausgesetzt wird, wenn die Erben in einem Schiedsverfahren streiten. Das ist es aber nicht, was das OLG Celle entschieden hat. Vielmehr hat das OLG Celle das Erbscheinsverfahren als unzulässig angesehen, obwohl kein Schiedsverfahren anhängig war. Es hatte lediglich ein Beteiligter erklärt, er würde auch einem Schiedsverfahren zustimmen. Was ihn zu dieser Äußerung veranlasst hat, teilte das OLG Celle nicht mit.
Der Erbschein wirkt gegenüber jedermann. Er kann allerdings später eingezogen werden, wenn das Gericht seine Meinung ändert. Das Schiedsverfahren ist bindend, wirkt aber nur zwischen den Beteiligten des Schiedsverfahrens. Es kann gute Gründe dafür geben, dass die Beteiligten das Erbscheinsverfahren und nicht das Schiedsverfahren wählen. Dieses Wahlrecht schneidet das OLG Celle den Beteiligten jetzt ab. Rechtstechnisch lässt sich die Ansicht des OLG Celle ebenfalls kaum begründen. Die Vorschriften zum Schiedsverfahren stehen in der ZPO. Das Erbscheinsverfahren geht nach dem FamFG. Selbst in der ZPO ist nach § 1032 Abs. 1 ZPO eine Rüge erforderlich, damit das Schiedsverfahren den ordentlichen Zivilprozess verdrängt. Hier gab es nur eine konstruierte Rüge. Wann diese angebracht wurde, teilte das OLG Celle nicht mit.
Das OLG Celle hat den Antragsteller scheinbar nicht einmal am Beschwerdeverfahren beteiligt. Es fehlte damit die Möglichkeit, rechtliches Gehör zu erlangen. Zudem wäre die Rechtsbeschwerde zuzulassen gewesen, weil die Frage, ob eine Schiedsabrede einem Erbscheinsverfahren entgegensteht, bisher nicht entschieden wurde. Der Antragsteller hätte gegen den Beschluss des OLG Celle Verfassungsbeschwerde einlegen können.
Ergänzung (13.06.2016): Das KG Berlin sah im Beschluss vom 29.01.2016 (6 W 107/15, ErbR 2016, 337) das Erbscheinsverfahren als zulässig an, wenn es eine Schiesklausel gibt. Leider nannte das KG Berlin die Entscheidung des OLG Celle nicht und begründete seine (zutreffende) Ansicht nur sehr kurz.
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