Dienstag, 14. Juni 2016

Erbscheinsverfahren: Gerichte zu langsam und zu schnell

In Erbscheinsverfahren sind die Amtsgerichte oft viel zu langsam. Die Oberlandesgerichte sind dagegen teilweise zu schnell. Wie kann das sein und lässt sich dagegen etwas machen?

Für ein Erbscheinsverfahren ist in der ersten Instanz das Amtsgericht als Nachlassgericht zuständig. Dort ist bei streitigen Erbscheinsverfahren der Richter zuständig. Und das dauert ... und dauert ... und dauert. Ich habe gerade eine Akte vorliegen, in der im Februar eine Anhörung stattfand und bis heute (14.06.2016) noch nicht einmal das Protokoll vorliegt, geschweige denn sonst etwas passiert ist. Die Akte stammt übrigens aus dem Jahr 2012. Das ist schon einer der schlimmsten Fälle, aber leider kein Einzelfall. Die Akten liegen bei den Nachlassgerichten monatelang, ohne dass irgendetwas passiert.

Woran kann das liegen?

Mir sagte vor Jahren ein Richter, dass er für seine Nachlassakten nur ein sehr geringes Pensum erhalte. Die Akten seien aber so aufwändig, dass sie innerhalb der vorgegebenen Zeit nicht zu beherrschen seien. Manchmal kommt noch dazu, dass die Nachlassrichter auch für Betreuungen zuständig sind, die sie vorrangig bearbeiten müssen. Es liegt ein Systemfehler vor. Der ist auch bekannt. Schauen Sie bei Interesse einfach mal nach dem Stichwort PEBB§Y und der damit verbundenen Kritik. Der Wurm ist drin, aber keinen scheint es zu stören. Eine Besserung ist nicht in Sicht.

Nun gibt es eine Initiative, die das sogenannte große Nachlassgericht einführen will. Damit sollen alle Erbrechtsstreitigkeiten beim Amtsgericht gesammelt werden, also insbesondere auch die Zivilprozesse, die jetzt beim Landgericht stattfinden. Das Erbrecht soll dahin, wo der Wurm ist! Das überzeugt mich nicht. Nicht, solange der Wurm nicht bekämpft wird.

Anders ist es bei den Oberlandesgerichten. Diese sind für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte zuständig. Die Oberlandesgerichte sind nach meinen Erfahrungen sehr schnell. Teilweise gibt es Entscheidungen innerhalb eines Monats. Allerdings bleiben dabei manchmal die rechtsstaatlichen Verfahrensgarantien auf der Strecke. Ein Fall lässt ich schneller entscheiden, wenn kein Gutachten eingeholt wird oder kein Zeuge vernommen wird. Das ist ärgerlich. Dort gibt es aber immerhin noch die Verfassungsbeschwerde, um die gröbsten Schnitzer zu korrigieren.

Das Problem der Amtsgerichte lässt sich hingegen nicht beheben. Solange das Amtsgericht nicht entscheidet, lässt sich nichts dagegen machen. Das Oberlandesgericht kann erst angerufen werden, wenn das Amtsgericht entschieden hat. Es gibt neuerdings Verzögerungsrügen und eine Entschädigung bei überlanger Verfahrensdauer. Meistens sind die Beteiligten dann aber so abgekämpft, dass sie das nicht mehr geltend machen. Zudem ist dafür ein neues Verfahren erforderlich, das wieder Kostenrisiken birgt.

Die Beteiligten müssen also weiterhin auf die langsamen Amtsgerichte warten. Dadurch entstehen manchmal schlimme Schwebezustände, z.B. wenn jemand (vielleicht) ein Hausgrundstück geerbt hat und nicht weiß, ober jetzt einziehen kann.

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