Montag, 22. Mai 2017

OLG München: Wertermittlungsanspruch verjährt, wenn er vergessen wird



Der Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Vorlage eines Wertermittlungsgutachtens verjährt, wenn er bei einer Stufenklage nicht geltend gemacht wird (OLG München, Urteil vom 08.03.2017 - 20 U 3806/16 ZEV 2017, 236).

Im Pflichtteilsrecht erhebt man in der Regel eine Stufenklage mit den folgenden Stufen: 1. Auskunft (Nachlassverzeichnis), 2. ggf. eidesstattliche Versicherung, 3. ggf. Wertermittlung und 4. Zahlung. Was passiert nun, wenn der Pflichtteilsberechtigte den Antrag auf Wertermittlung vergisst? Dann kann es passieren, dass ihm der Wertermittlungsanspruch verjährt. So war das in dem Fall passiert, den das OLG München zu entscheiden hatte. Dieser Ansatzpunkt ist auch richtig. Der Anspruch auf Wertermittlung kann unabhängig vom Pflichtteilsanspruch verjähren. Deshalb müssen auch für diesen Anspruch verjährungshemmende Maßnahmen ergriffen werden, d.h. er muss mit der Stufenklage geltend gemacht werden. Das Urteil des OLG München ist aber vermutlich trotzdem falsch, weil der Verjährungsbeginn nicht sauber herausgearbeitet wurde.

Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Pflichtteilsberechtigte von seiner Enterbung Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt hätte (§ 199 Absatz 1 Nr. 2 BGB). Nach dem Urteil konnte nicht festgestellt werden, dass der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis erlangt hatte. Vielmehr hielt er sich wohl für einen Miterben. Das OLG München ließ es aber für die grob fahrlässige Unkenntnis genügen, dass der Pflichtteilsberechtigte sich innerhalb eines halben Jahres nach dem Tod seines Vaters Kenntnis über seinen Ausschluss von der Erbfolge verschaffen konnte. Das mag für eine einfache Fahrlässigkeit genügen. Aber grob fahrlässig ist etwas nur, wenn es jedem einleuchten musste.

Ich kenne aus einem meiner Mandate einen Fall beim OLG Frankfurt, in dem der Sohn mehfach im Gefängnis saß und auch Straftaten gegenüber seiner Mutter verübt hatte. In diesem Fall wurde die grob fahrlässige Unkenntnis verneint. Hier soll es hingegen schon reichen, dass einfach nur sechs Monate seit dem Erbfall vergangen waren. Diese Rechtsfragen bedürfen der Klärung durch den Bundesgerichtshof und deshalb hätte das OLG München die Revision zulassen müssen.

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