Samstag, 29. Januar 2022

BGH: Eidesstattliche Versicherung beim notariellen Nachlassverzeichnis

Der Pflichtteil ist Pflicht. Der Pflichtteilsberechtigte bekommt seinen Anteil am Nachlass und daran lässt sich mit legalen Mitteln kaum etwas ändern. Wenn der Pflichtteilsberechtigte aber nicht weiß, was an Nachlass da ist (oder war), dann kann er seinen Anspruch nicht berechnen. Daher gibt ihm das Gesetz einen Auskunftsanspruch. Er kann ein einfaches oder ein notarielles Nachlassverzeichnis verlangen. Nach der Vorlage des Nachlassverzeichnisses gibt es unter bestimmten Voraussetzungen noch einen Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung:

§ 260 Absatz 2 BGB:

(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen den Bestand so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.

Nun ist es beim notariellen Nachlassverzeichnis so, dass der Notar den Wortlaut des Verzeichnisses bestimmt. Es gab daher eine weit verbreitete Auffassung, wonach der Pflichtteilsberechtige beim notariellen Nachlassverzeichnis nur eine eingeschränkte eidesstattliche Versicherung abgeben müsste. Es wurde argumentiert, dass er doch nichts dafür könne, was der Notar schreibe. Nur wenn die Erklärung im notariellen Nachlassverzeichnis als Erklärung des Erben gekennzeichnet sei, müsse er eine eidesstattliche Versicherung abgeben. Dieser Ansicht schob der BGH nun einen Riegel vor.

Der Bundesgerichtshof entschied mit Urteil vom 01.12.2021 - IV ZR 189/20, dass der Erbe die eidesstattliche Versicherung für den gesamten Inhalt des notariellen Nachlassverzeichnisses abgeben muss, wenn die Voraussetzungen des § 260 Absatz 2 BGB vorliegen. Der Erbe hat somit die Pflicht, das notarielle Nachlassverzeichnis zu überprüfen. Wenn es Fehler oder Lücken aufweist, muss er dies bei der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung offenlegen.

Damit endet eine beliebte Strategie von Erben, bei der man sich immer den schlechtesten Notar aussucht und dann hofft, dass dieser die wirklich schwierigen Dinge nicht aufdeckt oder nicht aufnimmt.

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