Die Kosten für ein Sachverständigengutachten im Erbscheinsverfahren trägt derjenige, der es veranlasst hat, wenn seine Behauptung sich nicht bestätigt. (OLG München, Beschluss vom 30.04.2012 - 31 Wx 68/12)
Nach § 81 Absatz 1 Satz 1 FamFG kann das Gericht die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Diese Formulierung ist sehr weit geraten und lässt auf den ersten Blick im Prinzip jede denkbare Kostenverteilung zu. Eine erste wegweisende Entscheidung hatte das OLG Düsseldorf am 28.03.2011 - I-3 Wx 13/11, 3 Wx 13/11 - getroffen. Darin kam das OLG Düsseldorf zu dem Ergebnis, dass im Grundsatz im Erbscheinsverfahren der Verlierer die Kosten zu tragen hat.
Das OLG München legte nun für einen Fall nach, in dem ein Beteiligter bestritten hatte, dass das Testament von der Erblasserin stammte. Das Gericht musste ein Schriftgutachten einholen. Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass das Testament wohl doch von der Erblasserin stammte. Das OLG München sah es als billig im Sinne der oben dargestellten Regelung an, dass derjenige das (nutzlose) Gutachten bezahlen muss, der es durch seine Einwendungen veranlasst hatte.
Damit lässt sich Kostentragung im Erbscheinsverfahren derzeit für den Regelfall wie folgt zusammenfassen:
1. Der Verlierer trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Wer ein Gutachten veranlasst, das seine Behauptung nicht bestätigt, muss dieses bezahlen.
Ich habe es schon mehrfach in Erbscheinsverfahren erlebt, dass ein Beteiligter lediglich pauschal die Einwendungen erhoben hat, das Testament stamme nicht vom Erblasser und der Erblasser sei ohnehin testierunfähig gewesen. Am Ende bestätigten sich diese Einwendungen nicht. Als Fachanwalt für Erbrecht trete ich in der Regel nur in streitigen Erbscheinsverfahren auf. Wenn aufgrund solcher unsubstantiierter Einwendungen Gutachterkosten und Anwaltskosten entstehen, ist es nur billig, dass derjenige diese Kosten trägt, der sie durch seine Einwendungen ausgelöst hat.
Ergänzung 1 (11.09.2013): Das OLG Schleswig entschied mit seinem Beschluss vom 17.08.2012 - 3 Wx 137/11 über einen Fall, bei dem das Gutachten zwar erfolglos war, die Einwendungen aber gut nachvollziehbar und vertretbar waren. In diesem Fall verteilte das OLG Schleswig die Kosten je zur Hälfte.
Ergänzung 2 (22.08.2014): Das OLG Düsseldorf legte in seinem Beschluss vom 04.04.2014 dem unterlegenen Beteiligten die Rechtsanwaltskosten des Erben auf. Das Gutachten musste hingegen der Erbe bezahlen, weil es nach Ansicht des OLG Düsseldorf auch ohne die Einwendungen des anderen Beteiligten von Amts wegen einzuholen gewesen wäre.
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