Dienstag, 7. Mai 2013

Falsches Aktenzeichen unschädlich

Das Gericht muss einen Schriftsatz auch dann berücksichtigen, wenn das falsche Aktenzeichen angegeben wurde und der Schriftsatz daher zur falschen Akte geheftet wurde (BVerfG, Beschluss vom 12.12.2012 - 2 BvR 1294/10).

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts nahm seinen Ausgangspunkt in einer mietrechtlichen Angelegenheit. Er hätte sich aber genauso gut im Erbrecht ereignen können. Der Kläger hatte eine Klage eingereicht und der Beklagte hatte in einem Schriftsatz erwidert. Dummerweise trug dieser Schriftsatz ein falsches Aktenzeichen. Die Geschäftsstelle hatte den Schriftsatz daher in die falsche Akte eingeordnet. Der Richter entschied das Verfahren so, als ob der Beklagte sich nicht zur Klage geäußert hätte und verurteilte den Beklagten.

Das Urteil dürfte wenig Freude beim Beklagten und dessen Rechtsanwalt ausgelöst haben. Noch dazu fühlt es sich vermutlich nicht gut an, wenn man als Rechtsanwalt bemerkt, dass man durch das falsche Aktenzeichen selbst zum Problem beigetragen hat. Was tat der Rechtsanwalt nun? Er erhob eine Anhörungsrüge, weil das Gericht seinen Schriftsatz nicht berücksichtigt hatte.

Das Amtsgericht reagierte in einer typisch ignoranten Weise: Der Beklagte sei selber Schuld, wenn er das falsche Aktenzeichen angegeben habe. Die Anhörungsrüge wurde zurückgewiesen.

Glücklicherweise ließ sich der Beklagte das nicht gefallen und legte eine Verfassungsbeschwerde ein. Die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts bog den Fall dann zurecht. Die Zivilprozessordnung schreibt nicht vor, dass eine Partei das Aktenzeichen des Gerichts angeben muss. Dann kann es auch nicht schaden, wenn versehentlich das falsche Aktenzeichen angegeben wird. Zudem lag der eigentliche Fehler beim Gericht. Hätte dort eine kompetente Person den Schriftsatz gelesen, dann wäre er auch nicht zur falschen Akte gelangt.

Was ist nun das Fazit? Zum einen ist das Fazit, dass die Angabe des falschen Aktenzeichens nicht schadet. Zum anderen sieht man hier, dass gerade beim Amtsgericht der Weg zum Recht besonders lang sein kann.

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