Wenn ein Erblasser über Jahre keine Rechnungslegung fordert, erhalten auch die Erben keine mehr (OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2014 - 3 U 88/14)
Im Fall des OLG Düsseldorf hatte die Erblasserin einem ihrer zwei Söhne eine Kontovollmacht erteilt. Dieser hob damit in sechs Jahren ca. 345.000 € ab. Nach dem Tod der Erblasserin wollte der andere Sohn Rechnungslegung über die Abhebungen. Das OLG Düsseldorf verweigerte die Auskünfte mit einer kurzen Begründung.
Im Ausgangspunkt bestand ein Anspruch auf Rechnungslegung. Das OLG Düsseldorf ging jedoch davon aus, dass die Erblasserin auf den Auskunftsanspruch verzichtet habe. Einen ausdrücklichen Verzicht gab es nicht. Deshalb nahm das OLG Düsseldorf einen konkludenten Verzicht an. Konkludent - das bedeutet durch schlüssiges Verhalten. Man müsste also aus dem Verhalten der Erblasserin erkennen können, dass diese auf keinen Fall eine Rechnungslegung von ihrem Sohn wollte, egal was er mit der Kontovollmacht anstellte.
Dieses schlüssige Verhalten sah das OLG Düsseldorf darin, dass die Erblasserin "über Jahre Rechnungslegung nicht verlangt" hatte. Und das war's. Da man einen Verzicht im Allgemeinen nicht gern abgibt, sind die Anforderungen an einen Verzicht eigentlich hoch. Die Erblasserin hatte hier einfach nur nichts gemacht. Das sollte nach der Ansicht des OLG Düsseldorf genügen.
Der andere Sohn hatte sich einige Mühe gegeben, um das Verhalten der Erblasserin zu erklären. Die Erblasserin sei vom Bevollmächtigten abhängig gewesen. Dieser habe mit Liebesentzug gedroht. Die Erblasserin sei gesundheitlich nicht in der Lage gewesen, ihre Ansprüche zu verfolgen. Aus meinen Erfahrungen bilden diese Einwendungen die Rechtswirklichkeit ab. Das OLG Düsseldorf wies sie als substanzlos zurück.
Der wesentliche Rechtsfehler liegt aus meiner Sicht hinter diesen Ausführungen. Die Ausführungen des OLG Düsseldorf erwecken den Eindruck, dass der Sohn, der die Auskünfte forderte eine Art Gegenausnahme darlegen und beweisen müsse. Das OLG Düsseldorf ging kurz und knapp davon aus, dass die Auskunftansprüche "aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) durch konkludenten Verzicht" entfallen seien. Sodann prüfte es, ob sich aus dem Vortrag des Klägers eine Gegenausnahme ergeben konnte. Zutreffend wäre es gewesen, den gesamten Sachverhalt in diese Prüfung einzubeziehen. Es handelt sich um eine Prüfung der Umstände des Einzelfalls. Und hierfür trug der Beklagte die vollständige Darlegungs- und Beweislast.
Das OLG Düsseldorf hat aus meiner Sicht die Darlegungs- und Beweislast verkannt und damit einen Rechtsfehler begangen, der die Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH eröffnen müsste. Zudem beruht das Urteil auf dem Rechtssatz, dass die Rechnungslegung ausgeschlossen ist, wenn über Jahre keine Rechnungslegung verlangt wurde. Das düfte in dieser Allgemeinheit nicht zutreffen. Eine nähere Begründung findet sich in dem Urteil nicht.
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