Eine Vorsorgevollmacht beginnt in der Regel mit der Aussage, dass der Vollmachtgeber den Bevollmächtigten bevollmächtigt, "soweit dies gesetzlich möglich ist". Der Vollmachtsumfang soll "alles" umfassen. Diese Regelung sollte eigentlich klar sein. Alles ist eben alles. Oder doch nicht? Was ist, wenn der Vollmachtgeber "alles" schreibt, aber ein außergewöhnliches Geschäft nicht bedacht hat? Kann der Bevollmächtigte zum Beispiel eine Erbschaft des Vollmachtgebers ausschlagen, wenn er dadurch Erbe wird? - Ja, er kann das, wenn sich nicht vom objektiven Empfängerhorizont des Nachlassgerichts erkennen lässt, dass der Vollmachtgeber das nicht wollte. Eine unbeschränkte Vollmacht kann nur dann einschränkend ausgelegt werden, wenn es hierfür erkennbare Hinweise gibt. Das ist in der Regel nicht der Fall.
Nun lese ich in Kroiß/Horn/Solomon, Nachfolgerecht, 1. Auflage 2015, S. 853 (22. A. Rn. 7), "Gleichwohl kann - entgegen des unbeschränkten Wortlauts - eine Vollmacht einschränkend ausgelegt werden". Dazu wird auf das Urteil des BGH vom 24.03.2009 (XI ZR 2009, ZEV 2009, 306 - dort Druckfehler: 2007) verwiesen. Der BGH hatte entschieden, dass eine Kontovollmacht nicht zur Umschreibung des Kontos auf den Bevollmächtigten berechtigt. Das hat mit der Frage, ob eine Generalvollmacht, die "alles" umfasst, einschränkend ausgelegt werden kann, nichts zu tun. Der Satz darf aus meiner Sicht nicht unkommentiert stehen gelassen werden. Sonst verleitet er Richter dazu, Vorsorgegestaltungen kaputt zu machen. Wie soll der Rechtsgestalter es denn formulieren, damit "alles" wirklich alles ist? Kann man die Vollmacht nicht einfach beim Wort nehmen? So wäre es nach der juristischen Methodik nämlich richtig.
Übrigens: Beschränkungen des Bevollmächtigten werden im Innenverhältnis geregelt. Aber das bekommt der Geschäftsgegner nie zu sehen.
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