Ich kann eigentlich nicht verstehen, wieso bei Vorsorgevollmachten das Innenverhältnis nicht ausgestaltet wird. Dennoch wird dies in der juristischen Literatur empfohlen (zuletzt Horn, ZEV 2016, 373 (377) . In der notariellen Praxis wird das nach meinen Erfahrungen ausnahmslos so gehandhabt. Noch einmal kurz zu den Grundlagen: Die Vollmacht gibt Macht. Sie regelt das rechtliche Können des Bevollmächtigten. Das Innenverhältnis regelt hingegen das Sollen und Dürfen des Bevollmächtigten.
Zur Verdeutlichung:
Vorsorgevollmacht - eine Unterschrift (des Vollmachtgebers)
Innenverhältnis - zwei Unterschriften (des Vollmachtgebers und des Bevollmächtigten)
Wenn das Innenverhältnis nicht geregelt wird, fehlt es - vereinfacht - an der Unterschrift des Bevollmächtigten. Daran ändert sich auch nichts, wenn man Regelungen in die Vorsorgevollmacht "mogelt", die eigentlich ins Innenverhältnis gehören.
Die Juristen behelfen sich nun mit einem Trick: der konkludenten Vertragsannahme. In der Vorsorgevollmacht wird ein Angebot des Vollmachtgebers auf Abschluss eines Auftragsvertrags im Innenverhältnis gesehen. Der Bevollmächtigte nimmt dieses Angebot angeblich an, indem er die Vorsorgevollmacht benutzt. Er drücke durch sein Verhalten aus, dass er mit dem Angebot einverstanden sein. Das nennt man eine konkludente Willenserklärung durch schlüssiges Verhalten.
Und nun habe ich etwas für Sie, was zu denken geben sollte. Eine konkludente Vertragsannahme scheidet aus, wenn der Bevollmächtigte klar zu erkennen gibt, dass er den Vertrag im Innenverhältnis nicht oder nicht so annehmen will. Was passiert also, wenn der Bevollmächtigte das folgende Muster an die Vollmachtsurkunde tackert?
"Ich benutze diese Vorsorgevollmacht nur aus Gefälligkeit. Ich lehne rechtliche Bindungen ab. Insbesondere lehne ich eine Haftung für leicht fahrlässige Fehler und eine Auskunftspflicht über meine Tätigkeiten ab. Ich verpflichte mich nicht, mich um die Angelegenheiten des Vollmachtgebers zu kümmern oder diese Vorsorgevollmacht auch in der Zukunft zu nutzen."Probieren Sie es aus! Die sich daraus ergebenden Fragen haben das Potential für eine Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs. Sie zeigen zugleich, dass es aus Sicht des Rechtsanwalts oder Notars grob fahrlässig ist, das Innenverhältnis nicht auszugestalten. Wenn man zwei Unterschriften benötigt, kann man sich nicht darauf verlassen, dass eine von beiden durch eine konkludente Vertragsannahme ersetzt werden kann.
Nun gibt es Gestalter, die den Bevollmächtigten auf der Vorsorgevollmacht unterschreiben lassen. Dadurch wird das hier besprochene Problem gelöst, sofern sämtliche Regelungen in die Vorsorgevollmacht "gestopft" werden, die in ein ordnungsgemäßes Innenverhältnis gehören. Das ist aber trotzdem rechtlich unsauber, weil diese Regelungen den Vertragspartner, dem die Vorsorgevollmacht vorgelegt wird, nichts angehen.
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