Es gibt einen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 13.09.2018 (Az. I ZB 109/17) zum notariellen Nachlassverzeichnis. Das lässt aufhorchen, da viel Klärungsbedarf besteht. Da ist es zunächst auch noch nicht schlimm, wenn der Beschluss nicht von dem für das Erbrecht zuständigen IV. Zivilsenat, sondern vom I. Zivilsenat stammt.
Inhaltlich ging es um zwei wichtige Fragen:
1. Muss der Notar den Erben persönlich befragen? und
2. Darf der Pflichtteilsberechtigte dabei anwesend sein?
Der Notar beantwortete die erste Frage mit einem (in der Regel) ja und die zweite Frage gar nicht, im Ergebnis aber mit nein.
1. Muss der Notar den Erben befragen?
Ob der Notar den Erben befragen muss, richtet sich nach Ansicht des BGH nach den Umständen des Einzelfalls. In der Regel sei der Notar für die Aufnahme des Nachlassverzeichnisses auf die Angaben des Erben angewiesen. Hierfür müsse der Notar den Erben grundsätzlich persönlich befragen und auf seine Pflicht zur Erteilung wahrheitsgemäßer Angaben hinweisen. Damit beantwortet der BGH die Frage im Normalfall mit einem ja. Ausnahmen sind wohl Fälle, in denen der Erbe aus gesundheitlichen Gründen nichts mehr beitragen kann oder in denen er selbst nichts weiß, weil er keinen Kontakt zum Erblasser hatte.
2. Darf der Pflichtteilsberechtigte bei der Befragung dabei sein?
Zu dieser Frage hat der BGH einen Bock geschossen, der die Praxis über Jahrzehnte beschäftigen kann. Die Pflichtteilsberechtigte hatte einen Titel auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses, bei dessen Aufnahme sie hinzugezogen wird. Das Hinzuziehungsrecht hat der BGH zunächst erwähnt, dann aber vergessen.
Der Notar hatte die Erbin befragt und dann einen Entwurf des Nachlassverzeichnisses erstellt und an die Beteiligten versandt. Danach bestimmte der Notar einen Termin zur förmlichen Aufnahme des Nachlassverzeichnisses und lud die Pflichtteilsberechtigte und die Erbin dazu ein. Die Erbin erschien nicht. Die Pflichtteilsberechtigte beantragte Zwangsgeld, weil sie das Nachlassverzeichnis als unzureichend ansah.
Der BGH sah das anders. Die Erbin sei ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen, weil sie beim Notar gewesen sei. Sie müsse nicht noch einmal erscheinen.
Was hat der BGH vergessen? Er hat vergessen, danach zu fragen, ob das Hinzuziehungsrecht der Pflichtteilsberechtigten auch die Anwesenheit bei der Befragung der Erbin umfasst. Das Gesetz sieht insofern keine Ausnahme vor. Das Hinzuziehungsrecht hat nur dann Sinn, wenn der Pflichtteilsberechtigte auch sehen kann, ob und wie der Notar seinen Ermittlungspflichten nachkommt. Es gibt allerdings auch Auffassungen, wonach sich der Pflichtteilsberechtigte nur still in die Ecke stellen kann, um von weitem zuzuschauen. Aber nicht einmal das hat der BGH der Klägerin zugebilligt. Und - was noch schlimmer ist - er hat dies mit keinem Wort begründet.
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