Wenn ein Beteiligter im Erbscheinsverfahren die Testierunfähigkeit lediglich behauptet, ohne Anhaltspunkte vorzutragen, muss das Gericht kein Gutachten einholen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.06.2012 - 3 Wx 273/11).
Ein Testament kann nur errichten, wer testierfähig ist (§ 2229 BGB). Ist der Erblasser bei der Testamentserrichtung nicht testierfähig, dann ist sein Testament unwirksam. Es gilt dann entweder ein früheres Testament oder es tritt gesetzliche Erbfolge ein. Bei schwerkranken Erblassern kommt es immer wieder vor, dass diese im Krankenhaus unter zweifelhaften Umständen ein notarielles Testament errichten. In diesen Fällen liegt der Einwand nahe, dass der Erblasser testierunfähig war.
Im Testament befindet sich in diesen Fällen eine Standardfloskel des Notars, wonach er sich von der Testierfähigkeit überzeugt habe. Diese Floskel hat keinen Wert, da der Notar medizinischer Laie ist und die Floskel inflationär verwendet wird. Der Notar kommt später lediglich als Zeuge für seine Wahrnehmungen in Betracht. Die Testierfähigkeit kann hingegen nur durch ein Sachverständigengutachten festgestellt werden. Dabei ist zu beachten, dass derjenige die Beweislast trägt, der sich auf die Testierunfähigkeit beruft. Kann die Testierunfähigkeit nicht nachgewiesen werden, ist das Testament wirksam.
Im Erbscheinsverfahren gilt der Grundsatz der Amtsermittlung. Das Nachlassgericht muss ein Sachverständigengutachten einholen, wenn Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit bestehen. Es muss hingegen kein Sachverständigengutachten einholen, wenn die Testierunfähigkeit lediglich behauptet wird. Dies hat auch das OLG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 01.06.2012 bestätigt.
Zweifel bleiben jedoch an der konkreten Rechtsanwendung des OLG Düsseldorf. Der Sachverhalt der Entscheidung zeigt, dass entgegen der Behauptung des OLG Düsseldorf wohl doch Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit vorlagen. Der Erblasser hatte einem Beteiligten immer zugesagt, dass er einmal erben würde. Weniger als drei Monate vor seinem Tod testierte der Erblasser plötzlich abweichend. Er befand sich zu diesem Zeitpunkt im Krankenhaus. Der Erblasser litt an einer schweren Krebserkrankung. Der Beschwerdeführer hatte die Vermutung geäußert, dass der Erblasser unter einem entsprechenden Medikamenteneinfluss stand. Weiterhin hatte der Beschwerdeführer vorgetragen, wie der Erblasser aus seiner Sicht bereits vor dem Krankenhausaufenthalt geistig nachgelassen hatte. Diesen Vortrag hat das OLG Düsseldorf aus meiner Sicht zu leichtfertig beiseite geschoben, zumal es für die Beteiligten meist nicht einfach ist, an die Krankenakten zu gelangen.
Hätte nach dem Sachverständigengutachten keine Testierunfähigkeit vorgelegen, hätte das Gericht dem Beschwerdeführer die Kosten auferlegen können. Es bestand daher auch vor diesem Hintergrund kein Anlass, das Sachverständigengutachten zu verweigern.
Update: Das OLG Bamberg hat ebenfalls entschieden, dass kein Gutachten zur Testierunfähigkeit erforderlich ist.
Update2 (30.04.2013): In einem neuen Beschluss zeigt das OLG Düsseldorf, dass es auch anders geht.
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