Montag, 20. August 2012

Testierunfähigkeit: Kein Gutachten ohne Anhaltspunkte (2)

Wenn im Erbscheinsverfahren keine Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit des Erblassers vorliegen, muss das Gericht kein Gutachten einholen (OLG Bamberg, Beschluss vom 18.06.2012 - 6 W 20/12).

Nachdem bereits das OLG Düsseldorf in einem Fall der Auffassung war, dass es kein Gutachten zur Testierfähigkeit einholen muss, gelangte nun auch das OLG Bamberg zu diesem Ergebnis. Wiederum hatte ein Erblasser im Krankenhaus kurz vor seinem Tod ein Testament errichtet und seine Lebensgefährtin als Alleinerbin eingesetzt. Wenn der Erblasser testierunfähig gewesen wäre, wären dessen Schwestern gesetzliche Erben gewesen. Deshalb griffen sie das Testament an.

Im Ansatzpunkt rechtlich zutreffend führte das OLG Bamberg aus, dass es nur dann ein Sachverständigengutachten zur Testierunfähigkeit einholen muss, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen. Wie im Fall des OLG Düsseldorf wirft aber auch die konkrete Rechtsanwendung des OLG Bamberg Zweifel auf. Nach dem Sachverhalt des Beschlusses war der Erblasser schwer krank und stark geschwächt. Er stand unter der Beeinflussung seiner Lebensgefährtin. Der Hausarzt hatte von einem psychischen Ausnahmezustand geschrieben. Die Krankenhausakten wurden den Schwestern vorenthalten. Aus diesen Indizien lässt sich keine Testierunfähigkeit herleiten. Sie hätten aber genügt, um weitere Ermittlungen des Nachlassgerichts (Beiziehung der Krankenhausakten) und ggf. auch ein Gutachten erforderlich zu machen.

Auch hier hätte das Gericht den Beschwerdeführern die Kosten auferlegen können, wenn das Gutachten die Testierunfähigkeit nicht bestätigt hätte. Es bestand daher auch aus Kostengründen kein Anlass, das Sachverständigengutachten zu verweigern.

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