Ein Pflichtteilsberechtigter kann nach § 2314 Absatz 1Satz 3 BGB verlangen, dass der Erbe ein notarielles Nachlassverzeichnis durch einen Notar erstellen lässt. Leider steht sonst im Gesetz nicht viel dazu, was der Notar bei der Aufahme des Nachlassverzeichnisses zu beachten hat. Aus der notariellen Literatur kamen daher immer wieder Stellungnahme, wonach sich die Pflicht des Notars - etwas überspitzt - darin erschöpfte, die Aufstellung des Erben abzuschreiben und eine Rechnung zu stellen. Die Rechtsprechung sah schon immer weitergehende Pflichten des Notars.
Nach dem neuen Gebührentatbestand in Ziffer 23500 VV GNotkG wurden die Gebühren des Notars vervierfacht (neu: 2 Gebühren nach Tabelle B). Der Gesetzgeber nutzte die Gebührenerhöhung, um die Pflichten des Notars in der Gesetzesbegründung darzustellen.
Die Begründung des Gesetzesentwurfs befindet sich in der Bundestagsdrucksache 17/11471. Dort heißt es auf Seite 227 (Hervorhebungen durch den Autor):
"Diese Gebühr soll an die Stelle der Gebühr des § 52 Absatz 1 Satz 2 KostO treten. Sie soll dann anfallen, wenn die Inventarisierung durch den Notar erfolgt. Dies ist vom Gesetz dort angeordnet, wo der Verdacht bestehen kann, dass der Inventarisierungspflichtige seine Pflicht nicht zuverlässig genug erfüllt. So räumt beispielsweise § 2121 Absatz 1 BGB dem Nacherben einen Anspruch auf Mitteilung eines Verzeichnisses der zur Erbschaft gehörenden Gegenstände ein, das gemäß Absatz 3 dieser Vorschrift auf Verlangen des Nacherben von einem Notar aufzunehmen ist. Ähnliche Ansprüche sind zum Beispiel in § 2215 Absatz 4 BGB dem Erben gegenüber dem Testamentsvollstrecker oder in § 2314 Absatz 1 BGB dem Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem Erben eingeräumt. Die Aufnahme eines Vermögensverzeichnisses ist nach herrschender Auffassung eine notarielle Tätigkeit eigener Art, die über die bloße Beurkundungstätigkeit weit hinaus geht. Der Notar darf dabei nicht lediglich Erklärungen des Inventarisierungsverpflichteten entgegennehmen, sondern ist vielmehr verpflichtet, den Vermögensbestand selbst zu ermitteln und durch Unterzeichnung des Verzeichnisses zum Ausdruck zu bringen, dass er für dessen Inhalt verantwortlich ist. Nach ganz herrschender Auffassung besteht hinsichtlich der Aufnahme von notariellen Vermögensverzeichnissen ein Urkundsgewährungsanspruch der Beteiligten nach § 15 BNotO, so dass der Notar das Ersuchen nicht ablehnen darf. Gesetzliche Verfahrensregelungen und Regelungen zur Niederlegung des Ergebnisses in einer Urkunde gibt es nicht. Die Verfahrensausgestaltung steht im Ermessen des Notars. Er wird dabei regelmäßig den Auskunftsberechtigten und den Auskunftsverpflichteten befragen, um erste Anhaltpunkte zu bekommen. Wegen seiner Verantwortung für den Inhalt des Verzeichnisses wird von der Rechtsprechung jedoch gefordert, dass der Notar die Ermittlungen grundsätzlich in eigener Person vorzunehmen hat und sich mit den Angaben der Inventarisierungsverpflichteten nur dann begnügen darf, wenn ihm andere Erkenntnismöglichkeiten nicht zur Verfügung stehen. Als Ermittlungsmaßnahmen kommt beispielsweise im Fall eines Nachlassverzeichnisses die Begehung der Erblasserwohnung nebst Verzeichnung der dort befindlichen Gegenstände und Durchsicht der Unterlagen in Betracht. Ferner werden schriftliche Anfragen bei Grundbuchämtern oder Kreditinstituten erforderlich sein, ggf. auch im Ausland.Nach meiner Erfahrung genügen mindestens 9 von 10 notariellen Nachlassverzeichnissen derzeit nicht den hier aufgeführten Anforderungen. Ich habe es noch nie erlebt, dass ein Notar einen Pflichtteilsberechtigten freiwillig befragt hat. Das Gegenteil habe ich hingegen schon erlebt, als der Notar meinte: "Sie haben ein Anwesenheitsrecht, aber kein Rederecht." Die Aufgabe von uns Fachanwälten für Erbrecht wird es jetzt sein, diese Anforderungen vor den Gerichten durchzusetzen. Bei der Beauftragung eines Notars kann es derzeit nichts schaden, dem Notar den obigen Auszug aus der Gesetzesbegründung mitzuschicken.
Der Zeitaufwand für diese Maßnahmen kann sich in einigen Fällen auf eine insgesamt zweistellige Stundenzahl, verteilt über einen Zeitraum von mehreren Wochen oder gar Monaten, belaufen. Bei einigen Vermögensverzeichnissen, insbesondere bei dem Nachlassverzeichnis nach § 2314 BGB kann eine Ermittlung auch noch nach mehreren Jahren rückwirkend auf den Zeitpunkt des Erbfalls erforderlich sein. Die Ermittlungen sind in diesen Fällen durch den zeitlichen Abstand naturgemäß mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. Die Ergebnisse der Ermittlung hat der Notar in einer Urkunde niederzulegen. Die Urkunde muss zumindest sämtliche Aktiva und Passiva übersichtlich zusammenstellen und die Gegenstände nach Anzahl, Art und wertbildenden Faktoren bezeichnen; einer Angabe des Werts selbst bedarf es nicht. Damit reicht es nicht aus, die Summen mehrerer Kontenstände aufzuführen. Vielmehr ist die Angabe der einzelnen Konten nebst Kontonummer und Kontostand erforderlich. Allenfalls können weniger werthaltige Gegenstände zu Sachgruppen zusammengefasst werden. Der Gebührensatz für die Aufnahme eines Vermögensverzeichnisses soll deutlich angehoben werden. Die derzeitige Gebühr wird dem Aufwand des Notars nicht ansatzweise gerecht. Zum Zeitpunkt der Schaffung der geltenden Regelung war die Zusammensetzung eines Vermögens oft noch relativ überschaubar und häufig lokal konzentriert. Dies hat sich grundlegend geändert. Daher bedarf die Gebührenhöhe der Anpassung. Die Niederlegung des Ermittlungsergebnisses soll mit der vorgeschlagenen Gebühr abgegolten sein. Im Gegenzug zur Gebührenerhöhung soll die zeitliche Komponente des geltenden § 52 Absatz 1 Satz 3 KostO jedoch ersatzlos entfallen."
Lesen Sie dazu auch Kuhn/Trappe im Editorial der ErbR 10/2103. Zur Ermittlungspflicht des Notars hatte ich hier bereits auf den Beschluss des OLG Köln vom 21.05.2013 hingewiesen.
Hier finden Sie mehr Informationen zum Nachlassverzeichnis.
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