Eine Vorsorgevollmacht wird in der Regel für alle Angelegenheiten erteilt. Sie gilt in der Regel über den Tod des Vollmachtgebers hinaus. (Das nennen wir eine transmortale Vollmacht). Wenn der Vollmachtgeber in seinem Testament eine Testamentsvollstreckung anordnet, dann sind plötzlich zwei Personen zuständig, der Testamentsvollstrecker und der Vorsorgebevollmächtigte. Die Rechtsprechung und die juristische Literatur tun sich mit diesem Konkurrenzverhältnis schwer. Es kann sein, dass beides nebeneinander besteht, wobei der Testamentsvollstrecker dann wohl die Vollmacht widerrufen kann. Es kann auch sein, dass der Vollmachtgeber bzw. Erblasser die Aufgabenbereiche einschränken wollte. Das kann sich durch Auslegung seiner Erklärungen ergeben. Nicht so schön ist es, wenn dem Erblasser der Wille nur untergeschoben wird.
Der BGH äußerte sich dazu im Beschluss vom 14.09.2022 - IV ZB 34/21. Der Wille des Vollmachtgebers bzw. Erblassers sei auszulegen (soweit richtig) und dies sei unabhängig davon, in welcher Reihenfolge die Vollmacht und das Testament erstellt worden seien. Für die letzte Aussage lieferte der BGH keine Begründung. Das verwundert auch nicht, weil sie falsch ist. Vollmachten werden aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers ausgelegt. Wenn dieser das Testament nicht kennt, dann kann es für die Auslegung nicht herangezogen werden. Zudem lässt sich nicht begründen, dass sich der Inhalt einer Vollmacht ändern soll, wenn der Erblasser später ein Testament erstellt.
Im Fall des BGH waren die Vorsorgevollmacht und das Testament am gleichen Tag erstellt worden. Zudem bestand die Testamentsvollstreckung nur für einen engen Aufgabenbereich. In diesem Sonderfall ist die Auslegung möglich, dass die Vollmacht eingeschränkt war, soweit der Testamentsvollstrecker zuständig war. Die allgemeinen Aussagen des BGH waren dazu nicht nötig und nicht tragend. Sie wären besser unterblieben.
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