Ein Sachverständiger ist befangen, wenn er eine Begutachtung durchführt, obwohl eine Partei der anderen den Zutritt verweigert hat (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 08.07.2013 - 5 W 64/14).
Im Erbrecht streiten die Parteien hin und wieder über den Wert eines Hausgrundstücks, in dem eine Partei wohnt. Häufig wohnt der Ehegatte oder Lebensgefährte des Erblassers weiterhin in dessen Wohnung. Teilweise wohnt ein Kind des Erblassers mit in dessen Haus.
Im Fall des Oberlandesgerichts Saarbrücken musste der Wert des Hausgrundstücks in einem Gerichtsverfahren ermittelt werden. Das Gericht wählt dazu einen Sachverständigen aus. Der Sachverständige muss das Grundstück besichtigen, um es zu bewerten. In der Praxis läuft das so ab, dass ein Ortstermin stattfindet. Zu diesem Termin laufen der Sachverständige, die Parteien und teilweise auch deren Rechtsanwälte durch das Haus - Zimmer für Zimmer, vom Keller bis zum Dachboden. Das gefällt der Partei, die im Haus wohnt, in der Regel nicht.
Der Gedanke liegt nahe, dass die Partei von ihrem Hausrecht Gebrauch macht: "Der kommt nicht in mein Haus." Dann darf die andere Partei das Haus auch nicht betreten. Im Fall des OLG Saarbrücken nahm der Gutachter die Begutachtung trotzdem vor. Dies führte zu einer erfolgreichen Befangenheitsablehnung gegen den Sachverständigen. Der Sachverständige redet während des Ortstermins mit den anwesenden Beteiligten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er sich hierdurch schon eine abschließende Meinung bildet, ohne dass die andere Seite gehört wurde. Deshalb besteht aus der Sicht der anderen Partei die Besorgnis, der Sachverständige könne befangen sein.
Der Sachverständige hätte die Begutachtung verweigern müssen. Die Partei, die im Haus wohnt, hätte dadurch im Prozess entsprechende Nachteile erlitten. Nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung hätte das Gericht die Behauptungen der anderen Partei (ohne Beweisaufnahme) als bewiesen ansehen müssen.
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